Wie wird man eigentlich Barfußgeher?

Oder: die Schizophrenie zwischen Wirklichkeit und Realität.

Ja, wie wird man eigentlich zum Barfußgeher? Die Antwort ist denkbar leicht: man zieht die Schuhe aus! Simpel, aber einfach! 😉

Der Artikel könnte an dieser Stelle enden, denn das ist tatsächlich das ganze Geheimnis. Wer keine Schuhe (und Strümpfe) anhat, ist barfuß. Punkt! Jeder Mensch kann barfuß gehen, und zwar völlig ohne fremde Hilfe. Man braucht dafür kein Spezialwissen und muss auch keinen Barfuß-Führerschein machen. Einfach die lästigen Schluffen aus und los geht’s…

Aber andererseits ist es dann doch nicht ganz so einfach. Da nämlich viele Menschen verlernt haben, wie man richtig geht (war bei mir nicht anders), gibt es doch das ein oder andere zu beachten, damit man auch von den gesunden Vorteilen des Barfußgehens profitieren kann. Sonst kippt das Ganze womöglich ins Gegenteil und man bekommt mehr Probleme als vorher. Das kann aber bei jedem anders sein. Während der eine einfach losgeht und intuitiv alles richtig macht, braucht ein anderer vielleicht etwas Hilfe zum Einstieg.

Es gibt immer zwei unterschiedliche Betrachtungsweisen (oder sogar noch mehr). Und das nicht nur beim richtigen Einstieg, sondern auch bei vielen weiteren Dingen rund um das Thema Barfußlaufen. Von diesem immer wiederkehrenden Zwiespalt soll dieser Beitrag handeln – und davon, wie es bei mir anfing.

Also wie wird man denn jetzt zum Barfußläufer? Und warum?

Jeder hat einen anderen Grund oder Auslöser für die Barfußlauferei. Die einen machen es aus gesundheitlichen Gründen, die anderen als spirituelle Erfahrungen, andere wollen vielleicht auffallen oder sich abgrenzen und manche haben sich darüber noch nie Gedanken gemacht, weil sie in ihrem Leben noch nie Schuhe getragen haben. Letztere sind in dieser Hinsicht besonders beneidenswert, denn sie müssen nicht (wieder) lernen, barfuß zu gehen. Sie konnten es schon immer. Und in manchen Ländern sind das gar nicht mal wenige!

Kleiner Einschub: beim Anblick der letztgenannten Menschen, z.B. im Fernsehen, denken die meisten „oje, die Armen können sich keine Schuhe leisten und müssen barfuß sein“. Ich denke das inzwischen nicht mehr. Andererseits wäre es wohl zynisch zu denken „die Glücklichen müssen keine beengenden Schuhe tragen“, denn womöglich können sie es sich gar nicht aussuchen und würden sogar Schuhe tragen, wenn sie es sich leisten könnten. Wenn ich also sage, ich bin ein wenig neidisch auf alle, die ihr Leben lang auf blanken Füßen gehen konnten/durften/mussten und sich nicht durch starres Schuhwerk ein falsches Bewegungsmuster antrainiert haben, dann ist das rein auf die Benutzung der eigenen Füße bezogen, nicht auf andere, möglicherweise widere Lebensumstände!

Hier geht es schon los mit dem Zwiespalt. Was der eine sich als Luxus herausnimmt, ist für den anderen bittere Not!

Barfuß im Wald biwakieren
Luxus oder Not?

Gesünder für die Körperstruktur ist es in beiden Fällen! Die ganzen wirklichen Vorteile des Barfußlaufens sind mir aber viel später erst bewusst geworden und waren nicht der Auslöser, mein Schuhregal auszuräumen. Warum habe ich also angefangen, barfuß zu gehen?

Wie wurde ICH zum Barfußläufer?

Es fing mit neuen Laufschuhen an. Meine alten waren ganz durchgelatscht und kaputt, da habe ich mir ein paar neue gegönnt. Ganz moderne mit so coolen einzelnen Gummischlaufen unten drunter, hergestellt von einer damals noch recht unbekannten Schweizer Firma und beworben mit allerlei wissenschaftlich klingenden Begründungen, warum die so vorteilhaft seien. Inzwischen sieht man diese Schuhmarke überall auf der Straße – die Werbung hat offenbar gewirkt. Nachdem ich mir also diese sanft federnden High-Tech Schuhe zugelegt hatte, bekam ich zunehmend stärkere Probleme mit der Achillessehne nach dem Laufen. Meine sich gerade steigern wollende Laufleistung verschlechterte sich drastisch innerhalb weniger Wochen!

Hart oder weich?

Erstmals beschäftigte ich mich mit dem Thema Laufschuhe und fand verschiedene Meinungen dazu im Internet. Da gab es zwei Lager: die einen, denen ein Laufschuh gar nicht genug gedämpft sein konnte (weil das angeblich die Gelenke schont) und die anderen, die der Meinung waren, dass ein Laufschuh besser eine dünne, flache, nicht federnde Sohle haben sollte, um den natürlichen Bewegungsablauf nicht durch künstliche Dämpfung oder Absatzerhöhung zu stören. Am besten wäre es sogar, ganz ohne Schuhe zu laufen (aber das macht ja keiner…). Man müsse sich dann halt einen anderen Laufstil angewöhnen und nicht mehr auf der Ferse landen. Aha!?!

Das fand ich interessant und fing an, kleinere Barfußspaziergänge zu machen, vielleicht 10 Minuten lang, mehr nicht. Aber komischerweise linderte das Barfußgehen die Schmerzen in der Sehne, also machte ich damit weiter.

Blick in die Zukunft
Blick in die Zukunft…

Die „Initialzündung“

In einer Bierlaune bin ich dann eines Abends eine S-Bahn-Station früher ausgestiegen, habe die Schuhe und Strümpfe ausgezogen und bin die restlichen zwei Kilometer barfuß nach Hause gegangen – über einen ziemlich rauen Asphaltweg. Am nächsten Tag hatte ich natürlich Blasen, aber es fühlte sich trotzdem toll an, weil ich irgendwie spüren konnte, dass die Sohlen arbeiten und sich verstärkten. Ich weiß nicht, ob man wirklich fühlen kann, dass eine dickere Fußsohle wächst, aber es war ein ganz neues, unbeschreibliches Gefühl, das absolut süchtig macht! Auch jetzt, nach einigen Jahren und robuster Fußsohle, habe ich immer noch ab und zu dieses großartige Gefühl „da wächst das Leder nach“. (siehe www.barfussblog.de/die-haut-wissen-fuer-barfuesser)

Meilensteine: Laufen lernen

Was dann kam, ist vermutlich ein üblicher Werdegang vieler Barfußläufer: Steigerung der Barfußstrecken und einzelne Meilensteine, die persönliche Erfolge markieren. Langsam zu steigern ist auch wichtig! Nicht gleich komplett auf Schuhe verzichten. Ich glaube das funktioniert nicht!

Barfuß auf dem Olympiaberg
„Meilenstein“ auf dem Olympiaberg

Zunächst bin ich weiter regelmäßig barfuß spazieren gegangen, jeden Tag so ca. 10-15 Minuten. Dadurch wurde die Sohle merklich strapazierfähiger und schon nach wenigen Wochen hatte ich deutlich fühlbare Laufpolster unter den Füßen, mit denen ich auch schon ganz gut über leichte Schotterwege gehen konnte.
Irgendwann fing ich an, auf meinen Joggingrunden für die letzten ein bis zwei Kilometer die Schuhe auszuziehen und barfuß nach Hause zu laufen. Da die Füße dann schon gut warmgelaufen waren, war das trotz winterlicher Temperaturen kein Problem.

Der nächste Erfolg war das Laufen auf Schnee und auch auf Rollsplitt. Noch im selben Winter ließ ich irgendwann die Schuhe ganz zu Hause und hatte seitdem nie wieder Laufschuhe zum Joggen an!

Barfußabdrücke im Schnee
Schnee? Kein Grund für Schuhe!

Eine Woche blank

Im Kroatienurlaub war ich erstmalig für eine Woche fast durchgehend barfuß, was auch ein wichtiger Meilenstein war, denn hinterher fühlte sich das Tragen von Schuhen dermaßen falsch an, dass ich es ab da nur noch widerwillig tat – und immer seltener.

Erster Wettlauf auf eigenen Sohlen

Dann kamen etwas größere Erfolge. Im Sommer 2017 bin ich den B2RUN Firmenlauf in München erstmals barfuß gelaufen und das nicht nur irgendwie – nein, es war mit Abstand meine Bestzeit für diese Distanz! Das hat mir gezeigt, dass ich barfuß viel effizienter laufen kann. Mit Schuhen kostet es mich mehr Kraft als ohne!

Barfuß beim B2RUN in München
B2RUN 2017

Das ist der Gipfel!

Als nächstes war dann Bergsteigen dran und ich bin bei einer anspruchsvollen Bergwanderung komplett barfuß auf einen Gipfel über 2400m gestiegen, über Felsen, Geröll und Schneereste. Das zu schaffen war vermutlich mein Höhepunkt bisher.

Barfuß auf dem hochalpinen Gipfel
Hochalpine Gipfelbesteigung

Im Winter kamen dann noch ein paar längere Erfahrungen im Schnee dazu, und so weiter, bla bla… etc. pp… Alles Weitere war dann eigentlich schon Routine und lohnt sich fast nicht mehr zu erwähnen. Wer mehr über meine persönlichen Meilensteine lesen will, kann das auf lederfuesse.de tun.

Barfuß Schnee fegen
Schneefegen mit warmer Jacke 😉

Barfußgehen – ein eindeutig zweischneidiges Schwert

Da nun also die physischen Voraussetzungen geschaffen waren, längere Zeit barfuß zu gehen – theoretisch dauerhaft – konnte sich dann auch der Kopf damit beschäftigen, was das eigentlich für mich und meine Umwelt bedeutet. Auch hier beneide ich wieder die Leute, die sich darüber nie Gedanken machen müssen, weil es für sie völlig normal ist, immer barfuß zu sein.

Aber wenn man sein Leben lang mit Schuhen rumgelaufen ist, kann man doch nicht plötzlich überall barfuß hingehen? Oder doch? Schließlich habe ich selbst jahrelang Barfüßige für Spinner gehalten – und jetzt bin ich selbst einer…???

Barfußgeher neben Schuhträger
Bin ich normal?

Richtig gehen ganz von selbst?

Konflikte über Konflikte, wohin man nur sieht. Das fängt damit an, wie man es richtig macht (weiter oben habe ich es schon angeschnitten). Ich persönlich habe gemerkt, dass ich barfuß automatisch anders gehe als mit Schuhen. Das kam bei mir fast von selbst. Die simple Information, den Fuß vorne nicht nach oben zu ziehen und nicht mit durchgestrecktem Bein auf die Hacke zu treten hat mir ausgereicht, um offenbar einigermaßen „richtig“ zu gehen (falls es sowas überhaupt gibt). Zumindest habe ich keine Schmerzen beim Gehen und beim Joggen bin ich sogar effizienter geworden, also schneller bei geringerer Anstrengung.

Es gibt aber auch Leute, die wollen sich erst mal die ganze Theorie draufschaffen, bevor sie losgehen. D.h. die Grundlagen der Biomechanik und welcher Muskel mit welcher Sehne bei welchem Bewegungsablauf zusammenspielt und wie der 100%ig korrekt ausgeführte vorschriftsmäßige Ballengang funktioniert, usw… All das will erst einmal verstanden werden, und womöglich möchte man sogar eins der zahlreichen Seminare bei einem professionellen Barfußcoach besuchen. Ist auch völlig legitim, wenn man das so möchte. Für mich wäre das nichts, aber das kann ja jeder selbst entscheiden.
Auch hier gibt es zwei Seiten (oder sogar mehr). Es ist nicht eindeutig, wie man es „richtig“ machen muss. Das muss jeder für sich selbst herausfinden.

Barfuß auf einem Felsen
Stein der Weisen oder Stein des Anstoßes?

Beachte mich… nicht?!

Ein großes uneindeutiges Thema ist die Aufmerksamkeit gegenüber Barfüßigen. Soll es auffallen oder nicht? Ja und nein! Auf der einen Seite möchte die „Barfußszene“ (die es so eigentlich gar nicht gibt) verstärkt in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, um durch mehr Präsenz auch mehr Akzeptanz zu erreichen. Will heißen, das Barfußgehen soll außerhalb von Strand und Wohnung nicht nur als gesund, sondern vor allem als ganz normal angesehen werden und sich durch eine große Öffentlichkeit weiterverbreiten.

Auf der anderen Seite will man aber eben keine große Beachtung haben, denn das Barfußgehen soll ja nichts Exotisches, sondern etwas ganz Normales sein. Die vielen Fragen „ist das nicht kalt?“ oder „haben Sie keine Angst vor Scherben?“ sind am Anfang noch spannend, aber auf Dauer ziemlich lästig. Ebenso wie Kommentare in der Kategorie „das geht hier aber nicht“ oder „das gehört sich nicht“. Die will man natürlich gar nicht hören, denn das ist Quatsch! Warum sollte es sich im Gegenzug gehören, seine Füße in viel zu unbewegliche Schuhe zu quetschen und den Fuß dauerhaft verkümmern zu lassen? Hygieneargumente kann man sowieso nicht durchgehen lassen, denn Schuhe haben eine mindestens genauso dreckige Sohle und Fußschweiß oder gar -pilz bekommt man nicht barfuß, sondern nur im feuchtwarmen Milieu einer stickigen Socken-Schuh-Kombination. Aber solche Bemerkungen kommen leider immer wieder!

Nackte Füße im Schlamm
Unhygienisch? Quatsch!

Also was wollen wir denn jetzt? Erhöhte Sichtbarkeit oder in Ruhe gelassen werden? Schwierig und nicht ganz eindeutig! Beides stimmt irgendwie und schließt sich genau genommen auch nicht gegenseitig aus.

Schuhe?

Ein ewiger Konflikt mit mir selbst besteht auch darin, zu entscheiden, wann ich doch mal Schuhe anziehe und wann nicht. Es gibt ja militante Dauerbarfüßer, die vehement jegliches Tragen von Schuhen ablehnen und das auch seit 200 Jahren oder so konsequent durchziehen. Kann man machen, muss man aber nicht. Wenn es sehr kalt ist, sagen wir mal so gegen Null Grad, dann wird es ungemütlich und der Wille, trotzdem barfuß zu gehen, kämpft dann mit der Vernunft, die sagt, es ist kein Genuss mehr. Also warum? Oder zu bestimmten Anlässen wie Familienfeiern, in bestimmten Restaurants oder auch bei der Arbeit im Büro. Da wäre technisch gesehen absolut kein Schuhwerk nötig, weil keine akute Verletzungs- oder Erfrierungsgefahr besteht. Trotzdem fühle ich mich dann manchmal unwohl und ziehe doch lieber Schuhe an. Manchmal aber auch nicht, das ist abhängig von meiner Tagesform und auch hier kann ich niemandem was empfehlen, wie man solche Situationen am besten meistert. Tut mir leid! Wieder nicht eindeutig. Muss jeder selbst entscheiden!

Barfuß neben einem Koffer
Barfuß auf Geschäftsreise

Barfuß im Park…

Eine tolle Sache sind Barfußpfade bzw. Barfußparks. Seit vielen Jahren im Kommen werden sie besonders von Familien gerne besucht. Das ist gut, weil hier das Erleben im Vordergrund steht und alle Besucher ohne viel Theorie selbst spüren können, warum Barfußgehen so schön ist!
Andererseits könnte man aber meinen, dass gerade durch die vielen neuen Barfußparks der Eindruck entstehen könnte, dass man nur dort, also nur in solchen extra dafür angelegten Parks barfuß gehen kann. Die Leute ziehen am Ende wieder schön ihre Schuhe an, bevor sie nach Hause fahren. Warum eigentlich? Dabei ist die ganze Welt Barfußpark. Das ist übrigens auch das Motto auf www.barfusspark.info – es muss sich nur noch herumsprechen 😉

Barfuß auf einen Baum klettern
Die ganze Welt ist Barfußpark

Es gibt bestimmt noch viele weitere Dinge, die erwähnenswert wären und zwei völlig unterschiedliche Betrachtungsweisen haben, aber dieser Beitrag ist schon lang genug… 😉

Fazit

Wenn Du auf diese Seite gelangt bist, weil Du Dich für das Barfußgehen interessierst – wenn Du gerne mit dem Barfußgehen beginnen willst und hier nach Antworten suchst – wenn Du klare Empfehlungen für den Einstieg finden möchtest – wenn Du Dich fragst: „wie soll ich damit anfangen? Soll ich einfach so losgehen? Oder soll ich vorher möglichst viel darüber lesen? Oder soll ich einen Experten fragen oder einen Coach aufsuchen?“ – dann kann ich Dir all diese Fragen absolut eindeutig beantworten:

Die Antwort lautet: „ja!“ 🙂

Viel Spaß beim Barfußgehen!
Forbi

Barfuß auf dem Flughafenrollfeld
Viele Grüße aus Berlin!

15 Gedanken zu „Wie wird man eigentlich Barfußgeher?“

  1. Hallo Forbi,
    sehr bewundernswert 100% Barfußlaufen. Ob ich es soweit schaffe weiß ich nicht. Ich habe erst vor kurzem damit angefangen, weil ich Schmerzen in der Achillessehne, der Ferse und den seitlichen Sehnen (also so ziemlich alles um Sprunggelenk und Knöchel) habe. Außerdem habe ich schon seit meiner Kindheit eine Skoliose. Ich hatte auch immer wieder Einlagen in den Schuhen. Hat alles eher nix gebracht. Was meinem Rücken gut hilft ist tatsächlich Yoga. Jetzt bin ich aber auch ein sehr ungeduldiger Mensch und habe auch nicht so richtig für mich rausgefunden, wie viel und oft ich noch mit und ohne Schuhe laufen sollte – außerdem hab ich nur gepolsterte Sportschuhe (mit viel Platz für die Zehen) und Birkenstock – also hab ich diese Schuhe einfach direkt so gut wie komplett weggelassen und laufe meistens mit den Minimalschuhen von „geniale Sandale“ oder Barfuß. Das war wohl eher nicht so ´ne gute Idee. Ich habe immer noch im Ruhezustand Schmerzen an und um die Ferse und mein rechter Oberschenkel ziept ordentlich. Sollte ich wieder ein Schritt zurückgehen und öfter noch Schuhe tragen? Dann neige ich aber immer dazu mit der Ferse zuerst aufzukommen (Barfuß lauf ich über den Ballen). Und was mach ich im Winter? Ich hab vor allem Bedenken, dass ich mir den Rücken (noch mehr) kaputtmache, weil ich zu schnell zu viel will. Und zum Orthopäden brauche ich auch nicht wirklich gehen. Da weiß ich eh nicht, ob der mir nicht wieder irgendeinen unnützen Quark erzählt. Das Thema Rücken behandelt ihr soweit ich das bisher sehen konnte leider nicht wirklich. Vielleicht kannst du und/oder einer der anderen AutorInnen mir für den Start noch ein bisschen helfen.

    Viele Grüße
    Luisa

    Antworten
    • Hallo Luisa, für den Anfang reichen 10-15 Minuten pro Tag, um Dich langsam daran zu gewöhnen. Einfach mal barfuß „um den Block“ gehen, meinetwegen auch einmal morgens und einmal abends. Aber am Besten nicht mehr, zumindest für die ersten paar Wochen. Und dann ganz langsam steigern. So gewöhnst Du Deine Füße an die neue Bewegung. Und den Rest auch, aber das geht gaaaanz langsam. Du kannst nicht erwarten, dass Du nach wenigen Wochen schon merkliche Verbesserungen spürst. Dass es in den Waden ziept, ist auch normal, das ist schlicht und einfach Muskelkater, weil Du Deine Beine mehr beanspruchst als in Schuhen.
      Und bitte ignoriere diesen Ballengang-Fersengang-Quatsch am Anfang. Das sind Feinheiten, an denen Du später noch arbeiten kannst, wenn Du willst. Aber das ist zu Beginn zu viel auf einmal. Denk am besten gar nicht darüber nach, wie Du auftreten muss, sondern spüre einfach den Boden und horch in Dich hinein. Probiere es aus. Wenn man sich verkrampft, weil man permanent drauf achtet, wie man gehen MUSS, bringt das Barfußgehen keinen Vorteil.
      Richard Soyka hat 1931 ein Buch geschrieben, in dem er bereits alles Mögliche beschreibt, was wir heute auch über die gesundheitlichen Aspekte des Barfußgehens wissen. Einziger Unterschied: er verliert kein einziges Wort darüber, WIE man gehen soll, also wie man den Fuß aufsetzen soll. Und das zurecht, wie ich finde! Das Wort „Ballengang“ gab es in der Zeit vermutlich noch gar nicht. Also mach Dich nicht verrückt, geh so wie es Dir in den Sinn kommt und taste Dich langsam ran. Geduld ist das Wichtigste! Der Rest kommt dann möglicherweise von selbst. Das kann jetzt niemand wissen. Einen Schritt nach dem anderen!
      Viel Erfolg!
      Forbi

      Antworten
  2. Hallo zusammen,

    ich habe mir letzte Woche das Buch von Wolfgang gekauft. Die eher pragmatische Art (ohne Ideologie und Fanatismus) spricht mich sehr an. Ich laufe sowieso häufig barfuß, nun will ich mal versuchen, noch mehr auf Schuhe zu verzichten. Solange es mir guttut. Das ist mein einziges Kriterium.

    Was mich aber umtreibt, ist folgende Frage: Es wird immer so auf die positiven Aspekte, Gesundheit etc. abgehoben. Schuhe gaaaaaanz schlecht.
    Bloß ist eines der ältesten Kulturgegenstände zumindest in unseren Breiten der Schuh und seine Vorgänger.
    Menschen haben schon vor zehntausenden Jahren versucht, ihre Füße zu schützen. Die Schuhe wurden immer besser seitdem.

    Wie seht ihr das?

    Antworten
    • Hallo Frank,

      wir (Eva und ich) sehen das ganz genau so wie Du. Wir würden es sogar noch weiter fassen: Der Mensch nutzt seit Jahrtausenden Kleidung, um neue Lebensräume zu erschließen, Vorteile bei der Jagd oder im Kampf zu erzielen und einiges mehr. Kleidung macht oft großen Sinn, bis zu einer bestimmten Grenze. Wäre es in der Sahara plötzlich gesellschaftliche Pflicht, ständig Pelzmäntel zu tragen, wäre das ziemlicher Unsinn und gesundheitlich gefährlich obendrein. Schnürt uns Kleidung so zusammen, dass wir keine Luft mehr bekommen, mag es zwar todschick sein, ist aber dennoch extrem fragwürdig. Ist der gesellschaftliche Konsens, dass Stilettos einer Frau erst so richtig zu einer tollen Figur verhelfen, auch wenn die Ärmsten im Geheimen ihre schmerzenden und völlig defomierten Füße reiben und bejammern, dann bekommen wir den Eindruck, dass da doch etwas aus dem Ruder gelaufen ist. Auch die männliche Schuhmode ist zuweilen nicht die bequemste und gesündeste.

      Das sind Beispiele, wo wir als Barfußfreunde den Finger heben und fragen, ob das wirklich noch normal ist, und ob die Gesellschaft eigentlich noch normal ist, die so etwas fordert. Ob die völlige Entfremdung von unseren Füßen nicht eine Entwicklung ist, die in die völlig falsche Richtung führt. Schließlich tragen wir auch nicht ganztags Handschuhe, sondern nur dann, wenn sie uns wirklich nutzen.

      Das sind Momente, wo wir Schuhen tatsächlich nichts Gutes mehr abgewinnen können und dann doch lieber gar keine tragen. Auch wenn das mental und körperlich anfangs Mühe bereitet. Am Ende wird es aber mit einem Erfolgserlebnis gekrönt. Nämlich dem Empfinden, endlich einmal das getan zu haben, was uns zugute kommt, und nicht etwas, was andere von uns erwarten.

      Was uns absolut nicht gefällt, ist der Extremismus mancher Barfußläufer, den auch Du wohl in Deinem Kommentar ansprichst. Der nichts anderes mehr zulässt, als ein Leben ohne Schuhe. Der sich mit abfälligen Bemerkungen, Begriffen und Kürzeln über die noch nicht erleuchtete und unwürdige Spezies der Schuhträger erhebt. Dagegen kämpfe ich, seit ich das erste Mal in einschlägigen sozialen Netzwerken unterwegs war. Ich schreibe es auch in meinem Buch, immer wieder. Es ist geradezu tragisch, wenn Menschen einer Konvention entfliehen, nur um sich dann einer neuen zu unterwerfen.

      Barfußlaufen hat Grenzen, für jeden individuell verschieden. Grenzen, wo Schuhe wieder zum Tragen kommen, im wahrsten Sinne des Wortes. Du kannst es im Beitrag „Barfüßiges Leben und seine Grenzen“ hier im Blog nachlesen. Das ist die Maxime, der wir schon lange folgen und von der wir wissen, dass sie auch vielen Einsteigern hilft, ihren Weg in eine selbstbestimmtes Leben ohne Schuhe zu finden.

      Viele Grüße,
      Wolfgang

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      • Naja, eigentlich meinte ich was anderes. Die stetig vorgetragene Gesundheitstheorie.
        Wäre Barfuß so gesund, hätten alle unsere Vorfahren ja nicht versucht, die Füße zu schützen. Ebenso natürlich die Kleidung, die du ansprichst.
        Analog zu den Barfüßigen gibts ja auch die Nacktwanderer…. Die sagen dasselbe.

        Der Handschuhvergleich „hinkt“, wenn ich das so anmerken darf. Auf den Füßen stehen wir mit all unserem Gewicht gut 16 Stunden am Tag, die Hände nutzen wor bloß temporär. Man bedenke mal den Druck pro Quadratcentimeter, den die Füße aushalten müssen.

        Klar, Gesundheit durch Natur hört sich sehr zeitgeistig an. Stimmt aber nicht. Wir leben als Individuum ja bloß deswegen so lange, weil wir uns weitgehend von der Natur emanzipiert haben. Statt offenem Feuer haben wir jetzt die Kernenergie um auf deinen Beruf zurückzukommen. Das Feuer des 21. Jhd, sozusagen.
        Fußwunden behandeln Barfüßer ggf. mit Jod, wenns schlimm entzündet, mit Antibiotika. Zu anderen Zeiten wäre man einfach gestorben.

        Mir erscheint diese Argumentation deshalb halt sehr naiv und an ein zu keiner Zeit existierendes Ideal ankoppelnd. Allerdings weiss ich auch nicht, wie man die Geschichte besser erzählen könnte.

        Heute hab ichs übrigens übertrieben, bin 10 km auf ner Tartanbahn gelaufen und hab jetzt Blasen am Vorfuß Tat nicht besonders weh, aber dieser abrasive Untergrund ist wohl nix für längere Strecken. Schade. Ich laufe nämlich gern im Kreis und komme dann (man muss auf nix aufpassen, keine Wurzeln und Steine und so) beim Denken vom hundertsten ins tausendste und dann gedankenfrei ins Nirwana

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        • Hallo, wie Wolfgang ja auch schon geschrieben hat, geht es nicht darum, auf Teufel-komm-raus barfuß zu sein, mit allen Risiken, die das auch haben kann. Sondern es geht uns darum, Schuhe nur dann zu tragen, wenn es sinnvoll erscheint und nicht, weil wir eine nicht hinterfragte gesellschaftliche Norm erfüllen müssen. Und natürlich kommt uns auch zugute, dass man Verletzungen heute besser behandeln kann als vor 20.000 Jahren. Das bestreitet niemand!
          Aber dass Schuhe den Füßen und dem ganzen Körper auf Dauer mehr schaden als nützen, müssen wir hier nicht diskutieren. Darüber gibt es inzwischen zahlreiche Studien, die das belegen (komischerweise auch erst seit wenigen Jahren!). Aber es kommt halt auf das Maß an. Man kann nicht von heute auf morgen die Schuhe ausziehen und dann losrennen wie gewohnt. Das braucht eben Zeit und irgendwann kann man für sich selbst erkennen, dass es einem damit besser geht – oder eben auch nicht?! Wenn Du der Meinung bist, dass Du lieber Schuhe trägst, weil das der modernen Zeit mehr entspricht, dann ist das Deine Entscheidung, die alle hier auch respekieren werden. Es wird ja niemand gezwungen. Ich persönlich habe meinen Weg eben ohne Schuhe gefunden und fühle mich auch gesundheitlich besser – nicht nur an den Füßen sondern insgesamt. Aber wie oben beschrieben, muss das halt jeder für sich selbst entscheiden.
          Viele Grüße
          Forbi

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        • Hallo,

          Also, ich finde der Handschuh-Vergleich hinkt gar nicht so. Ich persönlich bin in meiner Freizeit im Prinzip immer barfuß. Außer, wenn der Einsatz von Schuhen notwendig ist. Das kann unterschiedliche Gründe haben (Kälte, Bodenbelag etc..)

          Bei der Arbeit trage ich Sicherheitsschuhe, weil es dort notwendig ist und ich würde auch nicht darauf verzichten wollen.

          Nun wieder zum Handschuhvergleich: Wenn ich scharfkantiges Blech oder Steine oder oder oder tragen muss, trage ich Arbeitshandschuhe, um meine Hände zu schützen. Wenn ich etwas ausdrucke und die Blätter aus dem Drucker nehmen muss, nicht.

          So ähnlich halte ich es mit Schuhen… In dem meisten Fällen ist es einfach nicht notwendig und absolut überflüssig!

          Und was unsere Vorfahren angeht: Meine Theorie ist in etwa folgende: Gaaanz früher haben die Menschen ihre Füße tatsächlich nur geschützt, wenn es nötig war, denn das Beschaffen von Leder (z.B. durch die Jagd) wäre natürlich viel zu aufwändig gewesen, um das Material zu schnell zu verschleißen. Dann kam irgendwann so langsam aber sicher die moderne Zeit, getrennt in arm und reich, und die Reichen hatten Schuhe, die Armen nicht. Das war vom Mittelalter an so bis in ländlichen Gegenden noch bis 1950, wo die Kinder barfuß liefen, um eben das ständige Neukaufen von Schuhen zu sparen. Und jeder wünschte sich Schuhe, quasi als Statussymbol. Und dadurch hat sich das Tragen von Schuhen in der heute vorherrschenden penetranten Form in der Gesellschaft etabliert.. Und Schuhe sind auch heute noch so ein Statussymbol, denn es macht keinen Sinn, Schuhe für 500 Euro zu kaufen..

          Um jetzt aber wieder mal die Marktwirtschaft zu verlassen:

          Barfuß laufen ist einfach super schön, macht Spaß und ist natürlich auch gesund! Die Verletzungsgefahr geht -mit Übung- gegen Null und ist einfach ein genauso befreiendes Gefühl, wie eben ein T-Shirt zu tragen anstatt einer dicken Winterjacke.

          Und ich würde jedem empfehlen, es einfach für sich auszuprobieren, ohne drüber nachzudenken, was jetzt wohl die anderen denken! Denkt an euch!

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  3. Hallo,
    Ich laufe eigentlich schon immer gerne Barfuss. In der Kindheit(70er) wurde leider fast immer Schuhwerk getragen…schade. In den letzten zwanzig Jahren immer zuhause, im Garten und auf dem Boot auf Schuhe verzichtet. Durch Belastung von Sicherheitsschuhen und entsprechenden Schmerzen laufe ich jetzt auch Abendrunden und kleine Wanderungen mit dem Hund barfuss. Ich würde das gerne erweitern, doch stoße ich jetzt auf die Mauer im Kopf…Schaffe es nicht kurz bf einkaufen zu gehen oder so…Gibts da noch einen guten Tipp??
    Lieben Gruß aus Norddeutschland
    Daniel

    Antworten
    • Moin Daniel,
      einkaufen im Supermarkt oder Kaufhaus war für mich nie ein Problem, aber es hat mich anfänglich viel Überwindung gekostet, barfuß zum Bäcker zu gehen. Ich dachte immer, dass die Leute es evtl. unhygienisch finden könnten, weil ich sowas mal gelesen hatte. Das ist aber Quatsch, ich habe schnell gemerkt, dass es keinen interessiert. Die Bedienung hinterm Tresen sieht die Füße gar nicht und den anderen Kunden war es offensichtlich egal!
      Da ich im Winter angefangen habe, hatte ich aber noch einen Vorteil und damit kommt auch mein Tipp:
      Achte darauf, nicht in eine defensive Rolle zu fallen, sondern versuche, selbstbewusst aufzutreten und Dir jederzeit darüber im Klaren zu sein, dass Barfußgehen nicht nur etwas Selbstverständliches ist, sondern gerade bei niedrigen Temperaturen auch etwas Besonderes. Du kannst davon ausgehen, dass die Leute Dich nicht kritisieren, sondern eher dafür bewundern werden, auch in der kalten Jahreszeit barfuß zu sein. Ich liebe es, beim Brötchenholen Spuren im Schnee zu hinterlassen und mir vorzustellen, was nachfolgende Leute denken werden, wenn sie die Fußabdrücke sehen
      Denk nicht „was denken die Leute?“ sondern „seht her, ich kann etwas, das ihr euch nicht zutraut!“
      Das ist leider alles, was ich dazu sagen kann. Ich hoffe, es hilft dir!
      Grüße
      Forbi

      Antworten
      • Hi Forbi,
        Hast Recht gehabt, ist wirklich kein großes Problem wenn man es mal gemacht hat. Angespornt durch einen langen Spaziergang an der Uferpromenade in Mardorf, bin ich dann gestern in mehrere Läden und heute in den großen Stadler…Alles kein Ding, kaum einen interessierts. Letztes Ding ist dann noch der Dorfsupermarkt…und wenn der noch eine Weile mit Bf Schuhen betreten wird, ist das auch kein Beinbruch…
        Gruß aus Thedinghausen
        Daniel

        Antworten
  4. Moin Forbi,
    Moin Ihr alle,

    guter Beitrag Forbi, dass man sich so viele Gedanken über’s Barfußgehen macht, geschieht bei mir entweder beim Reden oder beim Schreiben…
    Grundsätzlich mache ich mir seit fast 30 Jahren keine Gedanken mehr darüber, weil mein bf Anteil nahezu bei 100% ist. Nicht ganz, da ich frühmorgens Schulkinder fahre und die Versicherung da Schuhe verlangt… privat bin ich nur bf, auch beruflich (bin selbstständig).
    Herzlichen Gruß aus Kiel
    Rosi

    Antworten
  5. Super Bericht vom Forbi mit tollen Fotos – es ist immer wieder interessant zu lesen, wie jeder einzelne den Weg zum Schuhverzicht gefunden hat. Bin gespannt, wann ich meinen schuhlosen Anteil auf 100% erhöhen kann.

    Der erste Satz sagt es klar und eindeutig: „Ja, wie wird man eigentlich zum Barfußgeher? Die Antwort ist denkbar leicht: man zieht die Schuhe aus! Simpel, aber einfach! „

    Antworten
    • Hallo Stefan,
      freut mich, wenn meine Worte Anklang finden. Wieviel man barfuß geht und wieviel nicht, muss jeder selbst entscheiden und sich vor allem keine Vorschriften machen lassen. Ich kenne niemanden, der tatsächlich auf 100% ohne Ausnahme kommt. Das sollte auch gar nicht das Ziel sein, sondern sich damit wohl zu fühlen. Und dann kann man auch ab und zu mal ein paar wärmende Schuhe tragen.
      Aber nur barfuß ist man wirklich barfuß. Es ist eine Illusion der Schuhhersteller, dass man mit “Barfußschuhen” das Barfußgehen imitieren kann. Es hat rein gar nichts damit zu tun. Selbst die dünnste Gummisohle ist eine Trennschicht, die mich von meinem Heimatplaneten trennt
      Ha! Schon wieder so ein Zwiespalt… Die Kunst ist wohl, den persönlichen Mittelweg zu finden.
      Viel Erfolg dabei!
      Forbi

      Antworten

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