Barfuß über den Forggensee?
Nein, jetzt kommt kein Bericht über religiöse Wundertaten auf dem Forggensee, keine Bange. Barfuß befreit zwar den Geist, dennoch gelten leider weiter gewisse Naturgesetze…
Die Geschichte, um die es hier geht, beginnt mit dem folgenden Bild, aufgenommen auf einer gemeinsamen Radtour rund um den Forggensee. Bei einem Stopp an einer besonders pittoresken Uferpartie musste Eva den Versuch, den See zu durchwaten, schon nach kurzer Strecke entmutigt abbrechen. Der See ist zwar nicht sonderlich tief, aber dennoch nicht besonders gut für eine Art Wattwanderung geeignet. Zumindest nicht im Sommer.
Wenig später dann auf einer Wanderung zum Vilsalpsee im Tannheimer Tal die folgende Szene, die beinahe zum Verlust wichtiger Kommunikationselektronik geführt hätte. Wir berichteten darüber im Beitrag zum Vilsalpsee.
So konnte es einfach nicht weitergehen. Zumal es in der Gegend beinahe mehr Wasser als Land gibt.
Ein wassertaugliches Transportmittel musste her. Und zwar schnell, schließlich war es schon August. Eva hatte es bisher mit aufblasbaren Gummischlafunterlagen probiert, aber zur Befahrung des fünftgrößten Sees Bayerns und des flächenmäßig größten Stausees Deutschlands waren die dann doch weniger geeignet. Zumal die Wassertemperaturen dank ständig frischem Lechwassers aus den Bergen eher zur Kühlung von Bier denn zum whirlpoolmäßigen Abhängen taugen. Es sei denn, man nimmt das Wort „chillen“ wörtlich.
Alte Kajaks kommen wieder zum Einsatz
Aber es gab eine Lösung. Wildwasserkajaks! Gut, Wildwasserboote für einen See? Vielleicht ein bisschen daneben gegriffen? Bei einem Neukauf würde ich ja auch tatsächlich eher zu einem flotten Eskimokajak neigen. Aber warum neu kaufen, wenn in der heimischen Garage noch zwei Wildwasserkajaks aus unkaputtbarem Polyethylen verstaubt, aber völlig intakt, auf ihren Einsatz warten? Die hatten ihre beste Zeit, als Wildwasserritte mit reichlich Kick noch mein Hobby waren. Dem frönte ich in jungen Jahren ausgiebig. Damals noch hauptsächlich in Eifel und Ardennen, aber auch in verschiedenen Alpenregionen, inklusive dem Lech in Österreich. Hier eine Impression aus diesen Zeiten, in denen ich übrigens immer beschuht unterwegs war, aus Sicherheitsgründen. Bei einer Kenterung mit Schwimmer weiß man nie, wo man auskommt…
Die Boote mussten her, und zwar schnell. Direkt im Anschluß an einen kurzen Heimatbesuch wurden die Boote auf’s Autodach geladen und nach Roßhaupten verfrachtet, wo sie seitdem in Eva’s Gärtchen eine wundervolle Deko abgeben. Natürlich nur in den Ruhephasen.
Eva’s Einstieg in die Paddelwelt
Eva’s Erfahrungen mit Wildwasserkajaks waren allerdings übersichtlich… Die Dinger sind wunderbar, wenn schnelle Richtungswechsel in wilden Wassern nötig werden. Dafür ist der schnöde Geradeauslauf auf ruhigem Wasser eher nicht ihr Ding. Kaum hat der Einsteiger zwei Paddelschläge gemacht, zieht die verflixte Schüssel auch schon ums Eck. Die Erfahrung musste dann auch Eva auf ihren ersten Paddelmetern machen. Aber dieses Mädel gibt so schnell nicht klein bei. Direkt der erste Versuch begann auf dem Illasbergsee und führte direkt weiter auf den anschließenden Forggensee zu Eva’s bisherigem Stammbadeplatz bei Dietringen, dabei ein gutes Stück über eine weite Wasserfläche. Und wenn sie die Zicken des Wildwasserbiestes auch noch so nervten, ein breites Lächeln war aus ihrem Gesicht nicht mehr heraus zu bekommen. Und so wurden gleich beim ersten Mal 7 km zurückgelegt. Ich war beeindruckt. Auch vom phantastischen Bergpanorama, dass sich auf dem See eröffnet, mit zahllosen Gipfeln der Ammergauer und Tannheimer Alpen.
Natürlich folgten weitere Touren auf dem Forggensee, mal kürzer, mal weiter, die längste vom Illasbergsee nach Brunnen, von dort quer über den See zum überfüllten Café Maria bei Osterreinen mit komplett überforderter Bedienung, dann wieder zurück zum Ausgangspunkt.
Auf bewegten Wassern…
Wir beschränkten uns nicht nur auf den Forggensee. Im benachbarten Österreich lädt der von Bergen mit steilen Flanken umstandene Plansee und der mit ihm verbundene Heiterwanger See zu Bootstouren ein. Wir starteten am Campinplatz Heiterwang, durchquerten den 2 km langen Heiterwanger See, passierten den engen Kanal zum Plansee und paddelten bis an sein 5 km entferntes Ende. Auf der Terrasse des Hotels Forelle genossen wir eine verdiente Pause, bis es dann auf durch Wind aufgewühlter Wasserfläche wieder zum Ausgangspunkt zurück ging. Eva hatte mit dem Wind und dem kabbeligen Wasser ihre liebe Mühe und machte die Tour durch die vielen kleinen Kurven mit dem Wildwasserbiest gleich zweimal. Beide waren wir froh, als wir die 14 km „plus“ endlich hinter uns gebracht hatten.
Das Panoramabild lässt sich mit einem Klick vergrößern.
Romantische Nächte
Aber Paddeln muss nicht anstrengend sein. Der Forggensee eröffnet so viel mehr Möglichkeiten. Da gibt es vor allem zahllose kleine Buchten, die man nur mit dem Boot erreichen kann. Ein bekanntes Gebiet für textilfreies Baden und Sonnen, und das in Bayern! Eine tolle Sache, wenn man das mag, so wie wir.
Dabei kamen wir auf die Idee, an einem dieser Plätze auch mal über Nacht zu bleiben. Natürlich erfordert das Zelt, Isomatten, Verpflegung usw. und das bei stark begrenzter Ladekapazität der Kajaks. Die Lösung dafür war irgendwann gefunden: ein kleines Schlauch-Beiboot, das beachtliche Ladung aufnehmen kann. Hier eine kleine Impression der Miniflotte.
Und so genossen wir an einem traumhaft warmen und wolkenlosen Tag einen sensationellen Tag und Abend mit 5-Sterne-Aussicht, 2-Sterne Dinner und ein 1-Sterne Textilzimmer… Der nächste Tag begann kühl, mit klatschnasser Zelthülle, aber der 5-Sterneblick (mit 3-Sterne Käsefrühstück) war einfach unvergleichlich. Wen wundert’s, dass wir dies schon bald da-capo genießen wollten.
Kehraus am See
Leider ging der Sommer dann doch irgendwann zu Ende und der Forggensee wurde in die Winterruhe geschickt, wenngleich der Herbst auch noch wundervolle Tage am See bietet.
Zum entspannten Paddeln wurde es etwas zu kalt, aber die Planung für das nächste Jahr läuft schon. Da wartet zum Beispiel der traumhaft schöne Eibsee an der Zugspitze bei Garmisch auf eine Befahrung. Zu Fuß haben wir ihn schon umrundet. Und dabei nette Inselchen entdeckt…
Hatte Eva schon erwähnt, dass im November der Stöpsel des Forggensees gezogen bzw. der Staudamm seiner Funktion enthoben wird? Dann fällt er in großen Teilen trocken und voilà: die Wattwanderungen warten….
Wie so eine Wanderung aussehen kann, wenn der Forggensee einen ganzen Sommer lang ungewollt zum Watt wird, zeige ich Dir in diesem Beitrag:
Barfuss Wattwandern inklusive Bergblick
Ich bin Jahrgang 1955, Vater zweier erwachsener Töchter, und verbringe seit dem Sommer 2016 viel Zeit im traumhaft schönen Allgäu bei Füssen, wo Eva schon länger ihr Zelt aufgeschlagen hat. Hier kann ich zusammen mit ihr meiner Berg- und Radfahrleidenschaft frönen. Barfuß lebe ich seit 2012. Ich bin Autor von „Fünf Jahre barfuß„.