Endlich!
Der Barfußfreund aus Hessen ist ein Freund unseres Blogs von der ersten Stunde an. Pinswang im Lechtal bei Reutte ist schon seit Kindestagen alljährlich seine Urlaubsheimat. Nur zu einem Treff war es bisher nie gekommen, ständig kam etwas dazwischen. Umso mehr freuen wir uns, dass wir dieses Jahr endlich diesen pfiffigen und sympathischen Claus auf einer Wanderung im Vilstal kennenlernen dürfen.
Es sind wieder einmal hohe Temperaturen bis 29 Grad vorhergesagt. Da hat keiner von uns große Lust auf schweißtreibende Anstiege zu hoch gelegenen Zielen. Das obere Vilstal bei Tannheim mit seinem idyllisch gelegenen Vilsalpsee kommt uns da gerade recht. Dort sind Wanderungen oder Spaziergänge nach Lust und Laune möglich. Man kann (an kühleren Tagen) die Lachenspitze (2126m) oder das Gaishorn (2247m) besteigen. Möglich ist auch eine Wanderung zum Traualpsee und weiter zur Landsberger Hütte. Man kann aber auch ganz bequem Richtung Talschluss mit einem grandiosen Wasserfall spazieren. Und, heute ganz besonders wichtig, bis 10:00h morgens dürfen wir die langweilige Schotterstrecke von Tannheim zum See mit dem Auto zurücklegen (man kann sie auch interessanter gestalten, aber darauf haben wir heute wenig Lust).
Flexwandern im Vilstal
Wir stellen also das Auto am Vilsalpsee ab und wandern los, wegen des für den verwöhnten Touristen vorbildlich gesplitteten Weges noch mit unseren Minimalschuhmix. Claus mit seinen Sole Runner Fx Trainer, Eva mit ihren Leguano und ich mit meinen Billig-Aqua Sphere. So ganz klar ist noch nicht, was genau wir eigentlich machen wollen und lassen uns stattdessen ein wenig treiben. Flexwandern nennt man so etwas in Fachkreisen…
Die Verhältnisse am Vilsalpsee sind etwas komplex. In 2012 ereignete sich auf der Ostseite des Sees ein gewaltiger Bergsturz und verschüttete den Wanderweg. Weitere, noch viel schwerere Bergstürze drohten, auch an anderen Stellen des Sees.
Jahrelang war der Weg gesperrt und sogar die Zukunft der zwischenzeitlich abgeschnittenen Landsberger Hütte in Frage gestellt. Offenbar haben jetzt aber millionenschwere Verbauungen die Lage etwas entschärft. Sehr transparent ist die Situation aber immer noch nicht, wie wir bei der Vorbereitung der Tour und auch unterwegs feststellen mussten. Jedenfalls treffen wir an der Südspitze des Sees auf Sperrschilder mit Hinweis auf die lebensbedrohlichen Umstände. Die Umwanderung des Sees und der Weiterweg hinauf zum Traualpsee ist auf dieser Route jedenfalls unmöglich. Lustigerweise fehlte jeder Hinweis darauf zu Beginn des Wegs…
Nun gibt es Leute, die solche Schilder ignorieren und weiter gehen, es gibt andere, die sie ernst nehmen. Und zu denen gehören wir. Wir entschließen uns endgültig, via Vilsalpe gemütlich die sogenannte Wasserfallrunde zu machen, die nicht allzu lang ist und nur wenige Anstiege hat, aber dennoch landschaftlich Einiges zu bieten hat.
Auf Wasserfallrunde
Der Weiterweg ist mit Geröll bedeckt, bietet aber oft Ausweichmöglichkeiten auf Nadelboden oder Gras am Rand des Wegs. Also verschwinden die Minimalschuhe erst mal wieder im Rucksack.
Wir kommen nur langsam voran, denn unterwegs gibt es viel zu erzählen. Unser Freund hat eine interessante berufliche Laufbahn und ebenso spannende Hobbies, von denen wir mehr erfahren wollen. Er ist z.B. nebenbei Obstbauer und Wildbienen-Experte.
Wir machen Pause an einem Bach, in dem wir unsere Füße mit Blick auf den Wasserfall kühlen können.
Talaus fällt der Blick auf den Aggenstein, den ich ja auch schon mal barfuß beehren durfte.
Schmetterlinge statten uns einen Besuch ab und saugen genüsslich den frischen Schweiß von unserer Haut.
Der Rückweg zum See verläuft auf einem schmalen, aussichtsreichen Pfad. Auf der linken Seite grüßen die Gipfelkreuze von Rauh- und Gaishorn, denen ich irgendwann auch mal näher treten möchte. Es gibt noch so viel zu tun…
Der Pfad ist mit viel Geröll bedeckt und ich teste meine selbstgemachten Vibram-Schuheinlagen, geschnitten aus einer Vibram Sohlenplatte mit 1,8mm Stärke. Oh ja, das könnte eine Möglichkeit sein, die Abstiege von den Gipfeln etwas angenehmer zu gestalten, ohne gleich zum Äußersten, den Bergschuhen greifen zu müssen. Zumal ich mir die neu kaufen müsste, in meine alten passe ich wegen der vom Barfußlaufen verbreiterten Fußsohlen nicht mehr rein.
Man gönnt sich ja sonst nichts…
Schließlich erreichen wir die Vilsalpe nicht weit von der Südspitze des Sees und genießen so Dies und Das. Z.B. eine Erbsensuppe und einen Schweizer Wurstsalat. Hat auch mal was, so eine entspannte Flexwozized, eine Flexwanderung ohne Ziel- und Zeitdruck…
Ein Holzbock leistet uns für eine Weile Gesellschaft. Wirkt wie ein Horchposten eines Geheimdienstes. Wer weiß…?
Wir plaudern ausgiebig und schlendern dann weiter am Westufer des Sees entlang zurück zur Nordspitze.
An der Nordspitze gibt es ein Ausflugslokal samt netter Terrasse und Seeblick. Man gönnt sich ja sonst nichts…
Kurz vorher beschließe ich, zur Terrasse durch den an dieser Stelle lächerlich flachen See zu waten. Ich halte auch durch, als meine Hose schon komplett getränkt ist. Schließlich kann ich mir angesichts der zahlreichen feixenden „Bewunderer“ auf der Terrasse keine Blöße geben. Das klare Wasser hatte über die wahren Tiefenverhältnisse dann wohl doch etwas hinweg getäuscht…
Aber wir haben schließlich Hochsommer mit 29 Grad, da kann man so etwas mal riskieren…Auf der Terrasse genießen wir dann schließlich nach harter Flexwozized unsere hoch verdienten Eisbecher, Skiwasser und Eiskaffees. Lange sitzen wir da, derweil wir uns weiter viel zu erzählen haben. Währenddessen bildet sich unter meinem Stuhl eine eindrucksvolle Wasserpfütze…
Irgendwann ist die Hose aber trocken, vorläufig alles Wichtige berichtet und die Terrasse fast menschenleer.
Ein toller Tag war das, finden wir drei, als wir uns voneinander verabschieden. Leider kann unser Freund erst im nächsten Jahr wieder bei uns vorbeischauen. Hessen ist weit und der Urlaub knapp. Wir freuen uns jedenfalls darauf!
Ich bin Jahrgang 1955, Vater zweier erwachsener Töchter, und verbringe seit dem Sommer 2016 viel Zeit im traumhaft schönen Allgäu bei Füssen, wo Eva schon länger ihr Zelt aufgeschlagen hat. Hier kann ich zusammen mit ihr meiner Berg- und Radfahrleidenschaft frönen. Barfuß lebe ich seit 2012. Ich bin Autor von „Fünf Jahre barfuß„.
Ja,
das war ein schöner Tag mit Euch gewesen 🙂