Unsere Berge – ein Barfußtreff

Barfuß ist Trend – ist es das wirklich? Oder wird er nur von den Medien herbeifabuliert?

Ich hatte jedenfalls gehörige Zweifel – bisher. In den letzten Tagen bekam ich leichte Zweifel an meinen Zweifeln. Wie das?

Es begann in der vorletzten Woche, an einem Freitag. Ich war mit nettem Besuch unterwegs. Angesichts des endlich wieder besseren Wetters hatte sich ein Barfußfreund zum Wandern angesagt. Mathias kommt aus der Nähe von Stuttgart und hat auch schon für den Blog geschrieben. Natürlich standen barfußfeundliche Touren auf dem Programm, u.a. auf den Edelsberg bei Pfronten.

Und dort entdeckten wir sie: Min. Barfuß saß sie da und picknickte mit zwei Freunden. Natürlich kamen wir gleich ins Gespräch und posierten für ein Gruppenbild.

3 barfussfreunde

Min wurde südlich von Shanghai geboren und hat die deutsche Statsangehörigkeit. Sie lebt schon seit 2016 in Füssen, also ganz in unserer Nähe, und betreut normalerweise asiatische Touristen, die Schloss Neuschwanstein besuchen. Wenn Corona es denn zulässt. Im Moment ist es eher mau, man hat Zeit und kommt stattdessen auf schlaue Ideen. Nämlich die Schuhe wegzulassen. Seit zwei Monaten tut sie das und sie berichtet uns begeistert von all den tollen Wirkungen auf Körper und Seele, die sie beim Barfußlaufen festgestellt hat. So auch auf dieser Wanderung. Klar, dass wir in Kontakt bleiben und auch mal zusammen wandern wollen. Zwei Tage später bekomme ich eine Email von Min’s Freundin Nozomi. Sie lebt seit 2014 ebenfalls bei Füssen. Sie war auf der Wanderung dabei und berichtet mir jetzt stolz, dass sie direkt nach unserem Abschied auch das Barfußlaufen ausprobiert habe. Den ganzen Abstieg von einigen hundert Höhenmetern habe sie barfuß gemacht. Das ist tatsächlich eine Herausforderung, denn so ganz ohne Steine ist der nicht! In den Waden hatte sie zwar einen heftigen Muskelkater, aber die Füße hätten sich herrlich leicht angefühlt. Und sie wolle auch mit Eva und mir barfuß wandern gehen. Klar, machen wir.

Wenige Tage später bin ich unterwegs auf unserem absoluten Barfußtraumberg, dem Schönkahler, der von Deutschland und Österreich aus bestiegen werden kann. So richtig barfußfreundlich geht das aber nur von Zöblen aus, einem Ort im vielbesuchten Tannheimer Tal. Dort ist man bis auf ein kurzes Splittstück praktisch ausschließlich auf wunderbaren Grasmatten unterwegs. Man schaut auf eine herrliche Bergwelt, die Almrinder bimmeln, die Hirten sind zünftig gekleidet, alles ist seeehr romantisch…

Der Schönkahler, ein barfußfreundlicher Grasberg

Und dann kommt es noch besser. Während ich noch am Gipfelkreuz sitze, kommt von unten eine ältere Dame heraufgestiegen. Barfuß.

Eine ältere Dame geht barfuß über den Schönkahler

Ja wunderbar. Für sie eine ganz normale Geschichte, erzählt sie mir, schon lange. Nicht unbedingt in der Stadt, aber in der Natur auf jeden Fall. Und der Schönkahler, der sei ja doch das Beste, was man in den Bergen für Wanderungen auf baren Füßen finden könne. Sie kennt sich aus in der hiesigen Gebirgswelt, denn schon lange verbringt sie hier ihre Urlaube. Ich kann ihr nur beipflichten. Ich kenne zwar noch ein paar andere Möglichkeiten, aber der Schönkahler toppt tatsächlich alles.

Eine ältere Dame sitzt barfuß am Gipfelkreuz des Schönkahler

Und während wir noch plaudern kommen wieder Wanderer, die barfuß unterwegs sind. Ein Ehepaar. Ja hoppla, das ist ja der Hammer.

Ein Paar wandert barfuß über die Berge

Ihre Bergschuhe baumeln am Rucksack. Die ganze Strecke hätten sie nicht barfuß gemacht, gestehen sie mir, aber das letzte Stück, das schon. Und es sei einfach nur klasse, die Freiheit der Füße auf diesem tollen Untergrund zu spüren. Da können wir nur beipflichten.

Mit der Dame steige ich dann wieder zusammen ab, bis sich unsere Wege trennen. Ich kenne da noch einen herrlichen Pfad durch ein Moor, aber da will sie lieber nicht mitkommen.

Eine ältere Dame geht barfuß über die Berge

Sie tut gut daran, denn neue Stacheldrahtzäune ohne Durchlass und von Rindern zertrampelte Pfade machen diese Alternative tatsächlich zu einem nicht immer angenehmen Abenteuer.

So viele Menschen barfuß in den Bergen innerhalb weniger Tage, ganz zufällig. Das ist Rekord. Vielleicht kommt das Barfußwandern ja doch ein wenig in Mode. Wer weiß.

Gerade fährt an unserem Haus unsere Nachbarin auf ihrem Fahrad vorbei. Barfuß. Das macht sie schon länger. Sie ist Demeter-Landwirtin auf dem benachbarten Hof und hat eh einen Draht zum gesunden Leben.

Barfuß hat vielleicht doch eine Chance auf einen wirklichen Trend.

16 Gedanken zu „Unsere Berge – ein Barfußtreff“

  1. Servus Wolfgang,
    ich habe dieses Jahr angefangen, die eine oder andere Tour mal mit längeren Barfußeinheiten zu verschönern. Das hat dann mit zunehmender Gewöhnung richtig viel Spaß gemacht, so dass ich das grad so oft wie möglich praktiziere. Klasse, dass es offensichtlich auch noch andere „Verrückte“ am Berg gibt. Deine Tourentipps sauge ich jetzt mal auf, vieles kenne ich nur aus meiner bisherigen Zeit mit Schuhen an den Füßen 😉

    Antworten
    • Servus Fu,

      hab mich gleich mal in Deine Webseite vertieft und muss sagen: Ich bin schwer beeindruckt. Das sind schon tolle Touren, die Du da barfuß unternommen hast. Respekt. Beim Anblick der langen Schneepassagen am Setzberg fielen mir gleich meine Frostbeulen ein, die ich mir zu Beginn im Schnee schon „verdient“ habe. Bin da ziemlich vorsichtig geworden seitdem.

      Deine schöne Gegend kenn ich von einem zweiwöchigen Urlaub in Schliersee. Ist 8 Jahre her. Wir haben damals den Barfußwanderführer von den Soeffkers für die Tourenauswahl benutzt. War alles noch ziemlich harmlos, Grasberge und kaum Fels, soweit ich mich erinnere. Besonders gut hat mir damals neben der Landschaft die Schiffssauna in Tegernsee gefallen. Schaukeln und Schwitzen, mal was ganz besonderes.

      Da gibts schon einige Verrückte, die barfuß durch die Berge laufen. Hin und wieder trifft man mal jemanden. Ganz prominent natürlich Berufsbarfüßer Martl Jung aus Hohenpeißenberg, mit dem ich schon vor der Fernsehkamera gestanden hab.
      Respekt erntet man auf jeden Fall reichlich unterwegs, da muss man manchmal aufpassen, dass man dadurch nicht zuviel Zeit verliert. Nur passieren darf nichts, dann wird man sicher augenblicklich vom Barfußhelden zum Oberdepp… 😉

      Vielleicht trifft man sich ja mal. Bis dahin weiter viel Spaß beim Barfußwandern,

      Wolfgang

      Antworten
      • Danke Wolfgang!

        Ja hier am Tegernsee sind die Möglichkeiten nicht die schlechtesten. Und die Seesauna ist in der Tat ein Highlight :-).

        Das war mein zweites Mal, dass ich länger barfuß im Schnee war. Setzberg dürften knapp 1,5 Stunden gewesen sein. Ich habe deinen Beitrag zum Schnee heute auch gelesen. Wie schnell danach hattest du deine Frostbeulen bemerkt? Außer dass die Zehen ein wenig gefühllos waren, hatte ich nichts. Aber nach dem Anziehen der Schuhe hat sich das wieder recht schnell geändert. Mal schauen, ob es irgendwelche „Spätfolgen“ gibt

        Achja, vor der Oberdeppennummer habe ich auch Respekt. Aber ich gehe barfuß deutlich bewusster und entschleunigter. Das reduziert das Risiko…

        LG
        Frank

        Antworten
        • Hallo Frank,

          die Frostbeulen hab ich sofort bemerkt. Es begann mit dem Aufwärmen der Füße nach der Rückkehr von der Schneetour. Die Füße brannten höllisch und ich sah auch sofort die Schäden an den Zehen.
          Frostbeulen ähneln Brandblasen, der Schaden ist bei beiden identisch: großflächig abgestorbene Hautzellen in tieferen Hautschichten. Es bilden sich empfindliche Blasen, in denen sich über die folgenden Tage und Wochen neue Haut bildet. Die neue Haut bleibt noch lange empfindlich. Ich hab das dreimal geschafft, dann war ich bekehrt…

          Die Zehen werden bei Kälte immer gefühllos, weil wir keine Sensoren haben, die uns vor Erfrierungen warnen. Die Kältesensoren schalten stattdessen einfach ab und man fühlt sich wunderbar… Gefühlosigkeit und eine weiße Hautfarbe sind Alarmzeichen.

          LG
          Wolfgang

          Antworten
    • Sollte mal ein „bergbarfußtreff“ zustandekommen, irgendwann 2023, wäre ich auch bereit, aus Österreich anzureisen (versuche, so was in Österreich anzuleiern, verliefen bisher immer nur in sehr kleinem kreis).

      Antworten
  2. Hallo Wolfgang,
    schöner Bericht. Wir beide sind ja fast gleichlang Barfuß unterwegs. Habe 2009 mit 5 fingers angefangen, zwischendurch mal Barfuß. Seit 2013 fast ganzjährig Barfuß unterwegs. Komme aus dem schönen Chiemgau. Füssen, Tannheimer Tal kenn ich gut. Barfuß war ich auch schon auf der Bad Kissinger Hütte, Landsberger Hütte, Tannheimer Hütte, Füssener Jöchl. Der Anfang vom Parkplatz Grän über den Schotterweg ist eine echte Herausforderung. Ab dem Bach geht´s eigentlich ganz gut. Nur auf dem Aggenstein habe ich mich Barfuß nicht getraut. Bin auch barfüßig in den Zillertalern unterwegs, aber meist nur bis zu den Hütten, da, wenn man Überschreitungen machen will, doch Bergschuhe ratsam sind, vor allem, wenn Schneefelder zu queren sind. Der schwerere Rucksack ist dann auch nicht dienlich, um Barfuß zu gehen. Langsam kommt die Zeit, wo Barfuß bei den Bodentemperaturen zur Herausforderung wird.

    Barfüßige Grüße vom Peter aus dem Chiemgau
    PS: Leider kann ich bei meinem Kommentar keine Bilder meiner Touren einfügen 🙁 , schade.

    Antworten
    • Hallo Peter,
      komme gerade von einer Barfußtour rauf zum Koflerjoch bei Reutte mit Einkehr auf der Dürrenbergalm. Kennst Du vielleicht auch. War tatsächlich sehr frisch heute Morgen, Bodentemperaturen nahe Null. Habs aber durchgehalten.

      In den tollen Chiemgauer Bergen bin ich auch schon barfuß unterwegs gewesen und habe mit einer Barfußfreundin die von den Soeffkers in ihrem Wanderführer vorgeschlagenen Touren ausprobiert, z.B. die aufs Wildbachjoch und den Heuberg. Auf dem Hochries waren wir auch. Aber Du hast völlig recht, es gibt klare Barfußgrenzen. Heute bin ich z.B. in meinen Aqua Spheres abgestiegen, weil der Weg fürs Barfuß-Absteigen einfach zu steinig war. Die starken Regenfälle des Sommers haben unglaublich viel Erde aus den Wegen ausgewaschen und Schotterpisten zurückgelassen, leider.

      Für Bilder Deiner Touren sehe ich einen prima Möglichkeit: ein Gastbericht! Würde uns riesig freuen!!!

      Viele Grüße,
      Wolfgang

      Antworten
  3. Irgendwann komme ich auch mal auf den Schönkahler.

    Bei einer längeren wanderung im august 2020 habe ich zwei andere barfußwanderer getroffen, einen vater mit kind am Ameringkogel und ein junges mädchen (dessen oma die schuhe trug) auf der Terenbachalm. Dann ist mir sogar im oktober beim abstieg vom Stein am Mandl noch eine dame barfuß entgegengekommen, die allerdings meinte, für den abstieg zieht sie schuhe an.

    Es gibt die einzelnen versprengten barfußwanderer, nur finden sich selten davon welche zu gruppen zusammen, sie wohnen einfach zu verstreut.

    Antworten
  4. Hallo Ihr Lieben Barfüßer! 🙂

    Na, DAS ist ja wirklich mal ein erfreulicher Bericht, das mögen zwar Zufälle sein, aber da kamen doch einige derselben auf einen beschränkten Bereich zusammen, das lässt ja wirklich auf einen positiven Trend hoffen.

    Beste Barfußgrüße von einem zurzeit fußverletzten
    Andi

    Antworten
  5. Vielen Dank für den tollen Beitrag ! Er macht richtig Lust, auch einmal barfuß die “ richtigen“ Berge auszuprobieren. ( Hier haben wir “ nur“ Mittelgebirge, aber auch barfuß schön zu bewandern).
    Gruß aus Westfalen vom
    Michael

    Antworten

Schreibe einen Kommentar