Hey, Du taust ja mit Deinen Füßen den ganzen Schnee weg!

„Hey, Du taust ja mit Deinen Füßen den ganzen Schnee weg!“. Das rief mir vor ein paar Wochen ein junger Skifahrer zu. Ich tapste tatsächlich absolut fahrlässig barfuß auf dem Parkplatz einer Bergbahn im spärlichen Schnee herum. Das geht ja gar nicht…

Endlich mal was Originelles. Das meiste, was man als Barfüßer als „lustigen Kommentar“ serviert bekommt, wurde schon auf ägyptischen Schrifttafeln als „abgenutzt“ eingestuft und durchgestrichen. 😉

Das Winterchen

Scherz beiseite, dieses Jahr ist das aber auch wirklich so eine Sache mit dem Schnee. Der Mann auf dem Parkplatz hatte ja so recht. Hatte es im letzten Januar am Alpenrand fast pausenlos geschneit, streunt das Winterchen heuer lustlos um die Ecken, lässt nur dann und wann mal ein paar Schneeflöckchen fallen. Nur hin und wieder bläst das Winterchen sich auf, wütet in einem plötzlichen Tobsuchtsanfall durch die Wälder und wirft die Bäume um. Nachts friert es, tagsüber ist es oft freundlich und mild, was den Boden schnell wieder an- oder auftaut. Was soll man dazu sagen, irgendjemand sollte mal mit dem sogenannten Winter reden.

Für Skifahrer kommt angesichts der hauchdünnen und nachmittags sulzigen Pisten jedenfalls keine rechte Freude auf. Ohne Kunstschnee geht gar nichts. Gut für das Geschäft der Schneekanonen-Hersteller und Energieversorger, schlecht für’s Klima. Wenigstens muss ich nicht so weit anreisen wie die meisten Urlauber. Da ist mein Gewissen ein bisschen reiner, wenn ich denn mal auf die Bretter steige, was momentan ziemlich selten ist.

Und für Barfußfreunde? Auch nicht so das Wahre, dieser Mix aus gefrorenen und angetauten Wegen mit Restschnee hie und da in kalten und schattigen Senken. Nicht immer vergnügungssteuerpflichtig, aber besser als nichts, wie etwa im letzten Jahr.

Schlecht für Skifahrer, gut fürs Barfußlaufen

Bummeln und Einkaufen in der Stadt geht Barfuß allerdings prima, bei dem wenigen Schnee.

Barfußspuren im Schnee vor einem Supermarkt

Auch auf „unserer Alpe“, der Alpe Beichelstein, lässt sich wunderbar barfuß wandern. Die liegt direkt hinter unserem Haus auf einem Höhenzug. Ich hatte sie ja schon mal erwähnt, als es ums Intervalltraining für die Fußsohlen ging. Oder im Beitrag über eine Barfußtour im Schnee. Zum Glück taut der Schnee, wenn er denn mal fällt, heuer auf der Alpe meist sehr schnell, so dass ich fast täglich eine Barfußtrainingsrunde drehen kann. Das hält die Sohlen robust.

Auf verschneiten Höhen

Andere haben es ja auch schon bemerkt, im Winter fällt man den Leuten barfuß weniger auf. Jedenfalls scheint es so. Möglicherweise recken sie die Hälse, wenn ich vorbei bin. Ich weiß es nicht und ich denke auch nicht weiter drüber nach.

Das Interesse ist aber auf jeden Fall da, sobald ich meine spottbilligen und herrlich leichten Mares Surfschuhe trage, was ich im Schnee oben in den Bergen fast immer mache. Die hohe Bauform hält den Schnee aus den Schuhen heraus. Und meine selbstgefertigten Filzeinlagen schützen vor eiskalten Untergründen. Aber offenbar sehen die Mares immer noch so aus, als ob ich mit Socken durch den Schnee stapfe. Da werden viele Leute aufmerksam und sprechen mich an. Offenbar ist die Hemmschwelle niedriger als bei komplett nackten Füßen. Die Leute können nicht glauben, dass man mit einem Hauch von Nichts, so ganz ohne klobige Schneetreter, im verschneiten Gelände klarkommen kann, auch wenn’s ein bisschen anspruchsvoller wird, z.B. auf steilen Passagen. Doch, das geht prima, die Sohlen geben tollen Grip.

Grödel als Steighilfe

Erst recht in Kombination mit Trekkingstöcken und meinen unterschnallbaren Spikes, ein Tipp vom Barfußbergfex Martl Jung. Die haben sogar schon Begeisterung bei den Einheimischen ausgelöst. Denn die Zacken der normalen Steighilfen für Bergschuhe verbiegen sich schnell auf steinigen Abschnitten, die im sonst verschneiten Wald dann doch hin und wieder auftauchen. Da sind die Grivel-Spider eine ganz andere Nummer, da verbiegt sich nix, sie sind leicht, haben ein kleines Packmaß und halten sogar auf blankem Eis. Ich hab sie auch im Sommer dabei, zusammen mit den Skinners, denn beide sind Gold wert, wenn es auf nassem und lehmigen Untergrund mal so richtig schmierig wird. Oder auf Altschneefeldern. Die Grödel kann man auch barfuß tragen, deshalb hatte der Martl sie für sich ausgesucht. Eva hat inzwischen auch ein Paar und benutzt es, wann immer es etwas rutschiger wird. Auf dem Foto trägt sie die Grödel unter ihren Leguano.

Grivel Spider - Spikes für Schnee und Eis

Mit diesen Hilfsmitteln kann man in diesem schneearmen Winter sogar ohne Tourenski oder Schneeschuhe auf Berggipfel steigen. Z.B. auf das 1861m hohe Koflerjoch in Tirol bei Reutte.

Schneespur zum Gipfel

Oder auf den Breitenberg bei Pfronten über die Skipiste, die in diesem Winter mangels Schneekanonen noch keine Minute geöffnet war.

Pistenaufstieg zum Breitenberg

Zwei Seiten einer Medaille

Die etwas dogmatischeren Zeitgenossen unter den Barfußfreunden werden jetzt schon längst die Stirn gerunzelt haben. Zuviel Text über die Teile, deren Namen man nicht aussprechen darf. Schu…, oh Graus. Und das auf einer Barfußseite. Tss tss. Aber so ist das nun mal, wenn man auf 900m ü.d.M. am Alpenrand wohnt. Ich möchte das Leben hier nicht missen, ganz bestimmt nicht. Aber mit dem 365/7/24- Ganzjahres-Barfuß-Superheld ist es hier natürlich Essig.

Hier ist das Motto: Barfuß UND Minimalschuhe (oder „Barfußschuhe“) angesagt. Definitiv zwei Seiten einer Medaille. Barfuß, wenn die Untergründe noch so gerade eben machbar sind, Minimalschuhe, wenn es für die Füße gefährlich wird und man doch noch weitgehende Fußfreiheit geniessen möchte. Ich finde es großartig, dass es inzwischen so eine große Auswahl an Minimal- bzw. Barfußschuhen gibt. Das hilft, wenn es nicht anders geht, und ausziehen kann man sie auch ganz leicht wieder, denn: Nichts ist schöner als das Original, das Laufen ganz ohne Schuhe.

„Ohne“ geht auch anders

Und da Eva und ich das Leben sowieso etwas ganzheitlicher sehen als nur durch die Barfußbrille, haben wir ein neues „OHNE“-Experiment gestartet: Das Leben ohne Zucker. Tut unglaublich gut. Und das jetzt schon fast 2 Jahre!

Dazu hat Eva auch das Kochbuch geschrieben Zuckerfrei essen jeden Tag.

Vielleicht schaust Du mal rein. 😉

6 Gedanken zu „Hey, Du taust ja mit Deinen Füßen den ganzen Schnee weg!“

    • Ich muss inzwischen sehr vor längerem Barfußlaufen auf Schnee und Eis warnen und empfehle dringend, ständig die Farbe der Fußsohle und Zehen sowie das Fußgefühl zu beobachten. Weiße Zehenunterseiten und ein taubes Gefühl „wie auf Watte“ sind absolute Alarmzeichen. Wir bekamen vor ein paar Wochen eine Zuschrift zu einem Fall, wo ein Barfußjogger in diesem Winter nach einem längeren Lauf auf Schnee durch starke Erfrierungen fast seine Füße verloren hätte. Das geht zuweilen schneller als man denkt. Deshalb bin ich immer vorsichtiger mit Barfußheldenberichten. Der verletzte Läufer hatte auch irgendwo so eine Heldengeschichte gelesen und es selbst probiert…

      Viele Grüße,
      Wolfgang

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  1. Gestern habe ich eine 20 km lange wanderung bis auf 1630 m höhe gemacht (Niklasdorf – Mugel – Leoben). Komplett barfuß, 6 stunden, davon 2 bis 3 auf schnee. Bergauf kommt der kreislauf gut in schwung, da macht die kälte gar nichts aus, zumal wenn die luft mild ist. Traktion ist eine andere sache und da hätte ich vielleicht stöcke oder grödel mitnehmen sollen (ich habe auch die Grivel Spider auf anraten von Martl). Weicher, unberührter schnee ist griffig; flachgetretener schnee wird leicht eisig und ist dann vor allem bergab ein risiko. Aber ich habe es geschafft und bin nirgends ausgerutscht.
    Skifahren bei ähnlichem wetter und kunstschnee habe ich erst eine woche vorher gemacht, der wird in der tat ziemlich langsam gegen nachmittag und dann werden vor allem die wenig geneigten skiwege (querverbindungen zwischen den pisten) sehr mühsam. (Da reise ich barfuß im bus zum skigebiet, in einem sack die skier und stöcke, im anderen skistiefel, helm und schneebrille ….)

    Aber das gefühl von weichem schnee genieße ich so, dass ich mir keine chance entgehen lasse, das zu erleben in diesem vorfrühling. Ob nochmal richtig schnee kommt? Warten wirs ab ….

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    • Respekt für diese tolle Leistung! 2-3 Stunden bin ich im Schnee noch nie gewandert. Zuviel Angst vor Frostbeulen, die ich mir schon drei Mal zugezogen habe, in viel kürzerer Zeit. Und die Traktion am Berg, in der Tat, ein kleines bis großes Problem. 😉 Da hat man eine gute Chance, zur Lachnummer zu werden…
      Schaun mer mal, was der Winter noch so bringt. Wer weiß.

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  2. Lieber Wolfgang,
    vielen Dank für die tolle Mail! Ich bin sooo froh über dieses „Winterchen“ ! Ist es doch mein erster als Barfußgeherin
    Nur wenn es morgens vor der Arbeit unter 3 Grad oder gar frostig ist, ziehe ich Minimalschuhe an wenn ich meine knapp 2 km mit unserem Hund die Morgenrunde drehe.
    Es ist sooooo großartig ohne Schuhe durch den Alltag zu gehen! Ich fühle mich wie befreit! Obwohl ich in einem kleinen Dorf Nähe Heidelberg wohne habe ich nur einen verächtlichen Kommentar zu hören bekommen.
    Ich bin Dir sooooo dankbar für deinen Blog! Hat er mir doch am Anfang großartige Dienste geleistet um ins Barfußleben hineinzufinden! Gaaanz herzlichen Dank!!!!
    Das Leben ist zu kurz für Kompromisse
    In Vorfreude auf deinen nächsten Blogeintag,
    einen schönen Restsonntag von
    Sabine

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