2-Tages-Tour mit der Kutsche durch den Pfaffenwinkel

Die Wettervorhersage verspricht schöne Tage ohne Gewitter und Regen. Da es auch nicht so heiß werden soll, entschließen wir uns spontan zu einer zweitägigen Tour mit unserem Pony.

Wir können uns noch nicht so recht entscheiden. Plan A wäre, mit dem Pferdehänger ins Oberallgäu fahren und von dort aus eine Gepäcktour zu Fuß & Huf zu unternehmen und unterwegs zu zelten. Plan B sähe vor, vom heimatlichen Stall aus eine Gig-Tour in den Pfaffenwinkel zu starten. Dabei ist die Gepäckmitnahme allerdings begrenzt – wir würden dann auf einem Hof übernachten.

Die Entscheidung trifft dann ein Telefonat, das uns für die kommende Nacht ein Platz auf einer Ranch sichert – im Pfaffenwinkel. So packen wir also unsere wenigen Sachen und machen uns erst mal auf den Weg zum Stall, wo Marley uns schon mit einem Blubbern (leises Wiehern) erwartet.

Außer unseren beiden Schlafsäcken, Wechselshirts und Waschzeug haben wir natürlich einen Rucksack mit Obst, Energieriegeln (wofür wir Zweibeiner die brauchen ist mir noch nicht ganz klar 😉 ) und genügend Wasser zum Trinken dabei. Marley findet genügend Futter unterwegs, Wasser gibt es in Bächen und Seen, die wir zahlreich an unserem Weg passieren. Für alle Fälle haben wir einen Falteimer dabei, um Wasser aus einem Bach zu holen, wenn es sich nicht direkt erreichen lässt (Steilufer o.ä. Hindernisse). Marley hat natürlich auch sein Necessaire mit Utensilien für die Fell- und Hufpflege 🙂 Ebenfalls immer dabei: das kleine Schippchen, um Marleys Output von Rad- und Wanderwegen an den Wegesrand zu befördern.

Gepäck auf dem Gig verstaut

So ausgerüstet starten wir in Ried und lassen Bernbeuren links liegen. Vorbei am Grönenbach und dem Tannenbühl (769m) zuckeln wir über die Wirtschaftswege, die auch von Radfahrern gerne genutzt werden, runter zum Lech. Wir folgen der Via Claudia Augusta ein Stück flußabwärts und passieren den Lech über die Staumauer an der Staustufe 4

Auf der anderen Seite angekommen halten wir uns links und durchfahren das nette kleine Dörfchen Hirschau, in dem an diesem Tag die Landwirte überaus aktiv sind und mit ihren modernen Maschinen das weitläufig zu Heu getrocknete Gras zusammenfahren und zu Rundballen pressen. Unbeeindruckt dessen schaukelt uns Marley gemütlich dahin und wir genießen diesen schönen Sommertag. Plötzlich wird aus unserem 1PS gefühlte 20PS, als wir eine kleine Anhöhe erreichen und sich vor uns eine riesige, mehr als 50 Tiere umfassende Noriker-Herde tummelt. Marley ist hin und weg und erzählt lautstark seinen neuen Kumpels woher er kommt und das wir nur auf der Durchreise sind 🙂 Wir sind ebenfalls ganz begeistert, denn so viele schöne Kaltblüter auf einmal sieht man wirklich selten. Und immer kommen noch mehr aus der Ferne dazu, viele mit Fohlen bei Fuß. Ein schöner Anblick.

Weniger schön ist der Stacheldraht, der diese riesigen Weiden umgibt. Leider gibt es immer noch Landwirte, die sich keine Gedanken um diese Art der Einzäunung machen. Pferde sind einfach keine Rinder – sie sind temperamentvoller und haben eine wesentlich dünnere Haut.

Noriker-Herde 1
Noriker-Herde 2
Noriker-Herde 3

Nachdem sich alle ausgeplaudert haben, setzen wir unseren Weg fort. Wir kommen an eine Wegkreuzung mit 5 Abzweigungen, an denen die Radwege in alle Richtungen führen. Wolfgang entdeckt auf der Karte einen kleinen See und so weichen wir zunächst von unserem Kurs ab, um dort am Doldensee eine Rast einzulegen.

Der für den Normalverkehr gesperrte Privatweg endet in einem kleinen, romantischen Wäldchen direkt am See. Hier haben es sich schon einige Dorfbewohner gemütlich gemacht, liegen in der Sonne oder baden im See. Wir schirren Marley aus, verstauen das Leder auf dem Gig und gehen mit ihm zum Wasser, wo er erst etwas trinkt und sich dann am Gras gütlich tut. So ein schönes Plätzchen.

Romantischer Doldensee
Rast am See
Futter und Wasser satt :-)

Um die Badegäste nicht weiter zu stören und aus der Sonne herauszukommen, gehen wir zum „Parkplatz“ zurück. Wir spannen das Hochseil zwischen 2 Fichten und gönnen Marley eine wohlverdiente Ruhepause. Für Abkühlung und Erfrischung sorgt dann noch das Abwaschen von Schweiß mit dem Seewasser und ein anschließendes ausgiebiges Wälzen.

Abwaschen mit Seewasser

Das Hochseil ist eine gute Vorrichtung, bei der sich das Pferd relativ frei bewegen, relaxen und auch fressen kann ohne sich im Seil zu verheddern oder an den Bäumen zu schubbern. Da wir das seit Jahren so machen, weiß Marley genau, dass, wenn er am Hochseil hängt, Relaxen angesagt ist.

Wir machen es uns ebenfalls gemütlich und essen die mitgebrachten Kirschen.

Nach einer guten Stunde Rast beseitigt Wolfgang die Tannennadeln aus Marleys Fell und macht ihn parat zum Anschirren.

Vom See aus fahren wir zurück zum 5er-Wegkreuz und nehmen die Route auf der Romantischen Straße in nördliche Richtung. Vorbei an Auen und durch eine leicht hügelige, herrliche Wiesenlandschaft fahren wir durch den Weiler Riesen mit dem Riesner See. Wir kommen durch Stiegl und Kreut und überqueren per Brücke die B17.

Rechter Hand kommen wir an der Villa Rustica vorbei, ein beliebtes Kultur-Ausflugsziel und seltenes Atriumhaus aus der Zeit der Römer und Kelten um 200-400 nach Christus.

Von hier ist es nur noch 1 km bis zu dem kleinen Dörfchen Weinland, in dem sich unser Ziel, die Ranch von Michaela Hertlein befindet. Wir haben 19,5 km zurückgelegt, bei den sommerlichen Temperaturen genau richtig, damit 2- und 4-Beiner ihre gute Laune behalten.

Die Weiden des RiverTrail
Ankunft am RiverTrail

Während es sich Marley auf seinem Koppelplatz gut gehen lässt, breiten wir unsere Schlafsäcke auf den Quaderballen in der Strohscheune aus. Frische Luft bei offenem Tor garantiert – eine Wohltat nach der Hitze des Tages.

Strohlager

Da es noch früh am Abend ist, beschließen wir, die 3 km querfeldein über den Kalvarienberg nach Peiting zu wandern. Hier lassen wir den Abend im Dragoner bei einem leckeren Salatteller mit ebenso leckeren Pommes und einer großen Saftschorle ausklingen. Der stimmungsvolle Rückweg durch die Felder in der untergehenden Sonne lässt uns gemeinsam glücklich sein.

Von unserem Strohlager aus sehen wir vereinzelt Pferde vorüberziehen. Wir hören Schnauben, das Trappeln von Hufen, in der Ferne ein Wiehern. Mit der Gewissheit, dass auch Marley Heu und Gras nach Belieben, frische Luft, Gesellschaft und einen natürlichen Auslauf hat, schlafen wir zufrieden ein.

Marley auf der River-Trail Auer-Ranch

Am nächsten Morgen erwartet uns Marley mit einem freudigen Wiehern. Nach ausgiebigen Fellkraulen und einem Ganzkörpercheck wendet er sich noch einmal dem saftigen Gras zu, während wir uns ein super tolles Frühstück schmecken lassen.

Frühstück in der River Lounge

Die River-Lounge ist geschmackvoll, mit Liebe zum Detail, eingerichtet und bietet mehr Komfort, als man eigentlich für eine Wanderreitstation erwartet. Wir haben uns für eine urige Übernachtung im Strohlager entschieden. Man kann aber auf Wunsch auch in Betten schlafen oder es sich auf dem Matratzenlager bequem machen. Für die Vierbeiner kann man zwischen Box, Box mit Paddock oder Weideplatz wählen. Die Versorgung ist top.

Wir verstauen unsere Rucksäcke, schirren an, verabschieden uns von Michaela Hertlein und treten den Rückweg an. Wir fahren wieder auf der Romantischen Straße. Kaum jemand begegnet uns, nur vereinzelte Radfahrer überholen uns, meist mit E-Bikes. Besonders an den Steigungen, an denen wir selbst laufen, um Marley das Ziehen bergauf bzw. das Bremsen bergab, zu erleichtern, passieren uns die Radfahrer hin und wieder mit schelmischen Bemerkungen. Doch oft sind wir allein auf den schönen Wegen.

Absteigen und Beine vertreten
Bergauf laufen wir nebenher

Des Öfteren wurden wir, wie hier auf Wolfgangs Bein, von fliegenden Wanzen als Landeplatz benutzt. Dieses Exemplar, die Wipfel-Stachelwanze, ist besonders hübsch.

Bereit zur Weiterfahrt

Es geht weiter über den Roßhirtenbühl, vorbei am Deutensee. In Maderbichl biegen wir rechts ab Richtung Lech und durchfahren die Dörfer Lechen und Illach.

Während ich mir die Beine vertrete, übernimmt Wolfgang die Leinen, nicht ohne ein breites Grinsen im Gesicht – es ist aber auch einfach toll, mit dem Gig unterwegs zu sein.

Wolfgang und Marley

Wir überqueren den Fluss über die Staustufe 3 und posieren nochmal vor diesem türkisfarbenen Strom.

Posieren auf der Staustufe 3
Auf der Staustufe 3 vor Lechbruck

Auf der anderen Seite erwartet uns ein lauschiges Plätzchen, wo wir nochmals ausschirren und eine längere Rast einlegen. Während Marley und ich uns im Wasser abkühlen, liegt Wolfgang in der Sonne und zückt ein letztes Mal die Kamera 🙂

Am späten Nachmittag kommen wir wieder am Stall an – Marley begrüßt seine Herde und gesellt sich zu ihr auf die weiten Koppeln.

Marley in der Herde

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