Einstein barfuß?
Nein, wir reden hier nicht vom berühmten Relativitätstheoretiker, wir wissen nicht mal, ob es Barfußfotos von ihm gibt. Nein, die Rede ist wieder einmal von einem Berg, auf den sein Name bestens passt. Der Einstein (1866m) liegt isoliert auf der Nordseite des Tannheimer Tals in Österreich, direkt gegenüber der namens-gebenden Ortschaft Tannheim. Er wirkt ein wenig unscheinbar im Vergleich zu seinen prominenteren Kollegen im Tal wie dem Gimpel oder dem Gaishorn.
Hier ein Bild ins Tannheimer Tal Richtung Westen, das die isolierte Lage des Einsteins gut zeigt.

Aber die Aussicht von dort soll Spitze sein. Also nutze ich einen sonnigen Tag, dort hinauf zu steigen. Barfuß natürlich, was sonst.
Der Aufstieg
Es ist Fronleichnamstag, und leider ist Eva, wie so oft, wegen eines Termins verhindert. Das Touristikgeschäft fordert seinen Tribut. Die Gäste nutzen Wochen mit Feiertagen besonders gerne für einen Kurzurlaub. Schade, so ziehe ich wieder mal alleine los.
Es soll wieder ziemlich warm werden, wie ich schon zu Beginn merke. Das mache ich das nächste Mal auch, denke ich mir, als mir drei fröhliche Wanderer schon um 10:00 Uhr entgegen kommen. Um 7:00 Uhr sind sie los gewandert, noch in den kühlen Morgenstunden, und waren ganz allein am Gipfel. Aus dem Bett muss man halt rechtzeitig kommen…
Der Weg ist wie immer in den Bergen, steinig. Aber die vielen Eroberer des Einsteins sorgen für abgerundete Geröllkanten, das hilft sehr. Ich habe barfuß – im Aufstieg – jedenfalls keine Mühe. Beim Abstieg ist das ganz etwas anders, weil das Körpergewicht mit jedem Schritt abgefangen werden muss.

Hin und wieder kann man auch ins Gras neben dem Weg ausweichen, sofern damit die Vegetation nicht empfindlich gestört wird. Ein wichtiges Thema in den Bergen.

Ab und zu öffnet sich der Blick hinunter nach Tannheim, wo gerade die Fronleichnamsprozession mit Böllerschüssen begleitet wird. Böllerschüsse sind etwas sehr Wichtiges in der hiesigen Tradition, so z.B. auch bei Hochzeiten.

Schweißtreibend
Steil zieht der Weg hinauf durch einen sonnenbestrahlten und entsprechend warmen Grashang. Ich schwitze. Das nächste Mal gehe ich wirklich früher los, verflixt noch mal…



Auf der gegenüberliegenden Talseite grüßt ganz links das Gaishorn (2247 m). Das will ich auch noch irgendwann in mein Gipfelbuch eintragen, so prominent, wie es diese Seite des Tannheimer Tals beherrscht. Auch der Zuweg am Vilsalpsee vorbei ist sicher klasse, und der Aufstieg soll machbar sein….

Am oberen Ende des Grashangs gelangt man auf einen Grat mit Blick hinunter ins Alpenvorland und das Füssener Seenland. Merkwürdigerweise fehlt mir dazu ein Foto. Bin ich das Motiv so langsam leid, so oft, wie ich es schon abgelichtet habe? Ich weiß es nicht.
Vom Grat geht es jedenfalls nach links weiter Richtung Gipfelhang, und schon bald, sieht man das Ziel, das Gipfelkreuz des Einsteins.

In Gipfelnähe wartet noch ein Barfuß-Schmankerl: Glatte Gesteinsplatten, die bis hinauf zum Gipfel ziehen. Perfekt.

Am Gipfel
Das Gipfelpanorama des Einstein ist tatsächlich grandios. Links neben dem Kreuz das Gaishorn, im Hintergrund links davon die phantastische Pyramide des Hochvogels (2592 m). Da kann man auch tolle Touren machen. Nicht unbedingt hinauf auf den Hochvogel, der ist schwer, aber auf andere Berge des wildromantischen Jochbachtals.

Der Blick geht nach Osten mit der Ortschaft Grän, dem Haldensee und den Tannheimer Bergpromis Gehrenspitze, Köllenspitze und dem Gimpel.

Ganz links ist der Aggenstein zu sehen, den ich schon barfuß bestiegen habe.

Nach Westen reicht der Blick bis weit in die Bergwelt bei Sonthofen.

Doch, der Anstieg hat sich gelohnt.
Wieder hinab
Leider geht es jetzt vom Einstein auf dem gleichen Weg hinab, auf dem ich schon hinauf gestiegen bin. An den Füßen trage ich jetzt aber wie bei jedem Abstieg meine Mares. Ist einfach weniger unsinnige Quälerei und verringert die Verletzungsgefahr.
Unterwegs kommt mir ein junger Mann entgegen, und ich schaue zweimal hin: barfuß! Ich bin begeistert. Der zweite Barfußwanderer innerhalb weniger Tage. Da kommt man sich nicht mehr ganz so alleine vor. Er macht das erst seit 9 Monaten, ist aber schon auf diesem fordernden Untergrund unterwegs. Respekt! Runter macht er es wie ich, er zieht seine Minimalschuhe an, in seinem Fall Zehenschuhe von Vibram.
Zufrieden steige ich weiter ab. Und denke über ein Phänomen nach, das ich dringend mal wissenschaftlich ergründen müsste: Bergab ist der Weg immer drei mal so lang. Und irgendwie kapiert man auch nicht mehr, wie man das bergauf barfuß überhaupt schaffen konnte…
Habt Ihr eine Ahnung, warum das so ist?

Ich bin Jahrgang 1955, Vater zweier erwachsener Töchter, und verbringe seit dem Sommer 2016 viel Zeit im traumhaft schönen Allgäu bei Füssen, wo Eva schon länger ihr Zelt aufgeschlagen hat. Hier kann ich zusammen mit ihr meiner Berg- und Radfahrleidenschaft frönen. Barfuß lebe ich seit 2012. Ich bin Autor von „Fünf Jahre barfuß„.
Die größte Gleichgültigkeit legte Einstein den Socken gegenüber an den
Tag. Wenn möglich, trug er einfach gar keine. Im Sommer fuhr er zu
Vorträgen, Sitzungen und sonstigen offiziellen Obliegenheiten am liebsten
barfuß in Sandalen. Das fand man unerhört und wetzte die Zungen. Sein
Kommentar dazu: „Wozu Socken? Sie schaffen nur Löcher!“
Diese Erkenntnis fußte auf solider Forschungsarbeit. „Als ich jung war,
fand ich heraus, daß die große Zehe immer die Angewohnheit hat, ein Loch
in die Socke zu machen. Und so habe ich aufgehört, Socken zu tragen.“
Die Sockenfrage begleitete Einstein ein Leben lang. Noch in Princeton
ließ er seinen Nachbarn wissen, daß er inzwischen ein Alter erreicht habe,
in dem er dann, wenn ihm jemand sage, er solle doch bitte Socken tragen,
dies nicht tun müsse.
Daß er 1934 selbst im Weißen Haus ohne Socken erschien, machte
ihn endgültig zum Kauz. Jahre später berichtete er seinem Freund Hans
Mühsam in Haifa, daß er nun ein „einsamer alter Knabe“ sei, „eine Art
altertümliche Figur, die hauptsächlich durch den Nichtgebrauch von Socken
bekannt ist.“
Der Berg ist natürlich nicht nach dem Sockenverweigerer benannt, aber danke für die interessanten Infos!
Hallo Wolfgang,
ein gewaltig toller Bericht mit wunderschönen Fotos.
Schon zu bewundern, was Du Barfuß erwanderst.
Ist wirklich beneidenswert, in dieser schönen Landschaft zu leben.
Liebe Grüße aus Hessen
Hallo C-P,
danke für das Lob. Aber du hast ja selbst gesehen, dass auch ich meine Barfußgrenzen habe. Einerseits ist es sicher spannend herauszubekommen, was die Fußsohlen zu leisten imstande sind, anderseits mag ich keine Martyrien. Deshalb habe ich keinerlei Verständnis für solche Barfußfreunde, die sich abfällig über Minimalschuhe äußern oder irgendwelche Verrenkungen unternehmen, möglichst wenig über sie zu reden oder zu schreiben. Für mich sind Barfuß und Minimalschuhe zwei Seiten einer Medaille. Speziell hier in dieser tatsächlich wundervollen Landschaft, die aber auch mit sehr fordernden Untergründen ihre besonderen Herausforderungen bereit hält.
Liebe Grüße,
Wolfgang
Wieder eine super Tourbeschreibung. Und alle Achtung , bei den (teilweisen) Schotterwegen barfuss unterwegs zu sein !
Ich freue mich schon auf den nächsten bericht !
LG,Michael.
Hallo Michael,
danke für die Blumen! Bei den Barfußtouren komme ich bergauf aber auch hin und wieder an meine Grenzen, je nach Charakter des Weges. Bergab habe ich mir jedenfalls schon öfters solide Bergschuhe gewünscht. Da sind die Fußsohlen schon vom Anstieg so gereizt, dass selbst in Minimalschuhen jeder Stein schmerzlich spürbar wird. Ich probiere demnächst in solchen Situation Einlegesohlen aus, die ich mir aus Vibram-Sohlenmaterial zurecht geschnitten habe. Ich werde bei Gelegenheit darüber berichten.
Liebe Grüße,
Wolfgang