Ist Barfußlaufen wirklich sooo wichtig?

Ist Barfußlaufen wirklich sooo wichtig? Eine bewusst provokativ gestellte Frage.

Einfache Antwort

Meine einfache Antwort lautet: ja und nein.

Ja, weil die Befreiung der Füße von ihren Schuhfesseln so ungemein nützlich für die Fußgesundheit und den gesunden Bewegungsablauf ist. Die in Schuhen lahmgelegte Fußmuskulatur wird wieder aufgebaut. Durch Schuhabsätze erzeugte Fehlhaltungen und Verspannungen werden vermieden, die Psyche gestärkt. Vor allem: Es macht ungeheuren Spaß. Es ist wert, sich das hin und wieder bewusst zu machen.

Nein, weil das Barfußlaufen eigentlich etwas völlig Normales ist.

Man kann es auch übertreiben

Seit längerem bin ich gelegentlich etwas verblüfft darüber, dass für manche Barfußfreunde die baren Füße dauerhaft im Mittelpunkt ihres Lebens zu stehen scheinen. Der Eindruck entsteht zuweilen durch Beiträge auf Facebook oder in Barfußforen, wo in epischer Breite auch das letzte Tröpfchen aus dem Thema Barfußlaufen herausgequetscht wird.

Klar, Barfußlaufen abseits von Strand und Schwimmbad stellt für Menschen in den meisten reicheren Ländern eine gesellschaftliche und körperliche Herausforderung dar. Der Rückhalt einer Gruppe wird von vielen Barfußeinsteigern als hilfreich empfunden. So ging es auch mir. Aber heißt das nun, dass darüber alles andere in den Hintergrund tritt?

So wichtig die Eindrücke sind, die die Füße vermitteln, was ist eigentlich mit den Händen? Mit denen fühlen wir noch mehr als mit den Füßen. Dafür gibt es keine Facebookgruppe, kein Forum. Keine begeisterten Bildberichte, in denen bemerkenswerte Oberflächen und Formen bejubelt werden. Sind die unwichtig? Was ist mit den Ohren, der Nase, den Augen, der Haut insgesamt? Keine Bemerkung wert, weil sie so selbstverständlich zu sein scheinen? Fast scheint es so. Dabei vermitteln sie uns so viele kleine Momente des Glücks. Ein atemberaubendes Bergpanorama. Vogelstimmen. Der Geruch frisch geschnittenen Grases. Der Wind auf nackter Haut.

Normalität das Ziel?

Ich gebe aber zu: So wie wir handschuhlose Hände nicht bemerkenswert finden, so ist für viele auch das Barfußlaufen im Laufe der Jahre zu einer Normalität, zu einer Nebensache geworden. So erlebte ich das jedenfalls bei mir, ich habe es im Buch geschildert. Eva ging es ähnlich. Die Aufregung über das Brechen von gesellschaftlichen Grenzen, die Entwicklung der Fußsohlen und vieles andere mehr legt sich. Was soll man darüber noch groß reden? Das Gefühl des Barfußlaufens verliert im Bewusstsein die zentrale Bedeutung. So wie es auch mit anderen Sinnen längst der Fall ist.

Eigentlich eine gute Sache, andererseits aber auch wieder schade. So wenig ich verstehe, dass manche Barfußfreunde jahrelang kein anderes Thema als bare Füße zu kennen scheinen, so bedauerlich finde ich es anderseits, wenn das Barfußlaufen kaum noch wahrgenommen wird, weil es eine Selbstverständlichkeit geworden ist.

Wäre es nicht wichtig, sich die Freude an seinen Sinnen zu erhalten? Sich immer wieder bewusst zu machen und es zu genießen, dass man etwas sehen, etwas hören, riechen und fühlen kann? Das ist alles nicht selbstverständlich. Das wissen alle, die ohne einen oder mehrere dieser Sinne auskommen müssen.

Vielleicht könnte man dazu eine Methode des Künstlerpaares Christo und Jeanne-Claude verwenden. Die verhüllten Gebäude und Landschaften, um das Bewusstsein zu schärfen und unsere Sehgewohnheiten zu ändern. Für das Barfußlaufen hieße das zum Beispiel ganz simpel, im Sommer mal für eine ganze Woche bewusst Schuhe zu tragen. Konsequent, ohne Ausnahme. So wie früher.

Natürlich, dieser Enthusiasmus, diese Schwärmerei der ersten Monate, das kommt nicht wieder. Aber vielleicht genießt man das Erfühlen von all dem, was die Böden dieser Welt für uns bereit halten, wieder etwas bewusster.

Wie denkst Du darüber?

17 Gedanken zu „Ist Barfußlaufen wirklich sooo wichtig?“

  1. Tja, barfuß wird irgendwann Alltag, in der Tat. Und völlig „normal“ (wobei ich in der Anwendung dieses Wortes eher vorsichtig bin – was ist eigentlich „normal“ ?
    (Ich denke ja auch nicht ständig daran dass ich Unterwäsche trage – oder eben auch keine Handschuhe.)
    Aber wie sehr es zum selbstverständlichen Bestandteil des Lebens geworden ist merkt man dann, wenn man – wie ich gerade – verletzungsbedingt nach 17 Jahren mal wieder – wenn auch nur temporär – auf die ungeliebten Dinger zurückgreifen muss.
    Und was an Sinneseindrücken fehlt – was dann durchaus zu Folge-Imponderabilien führen kann – wie oft stolpere ich mangels Boden-Gefühl! Und auch der Rücken meldet prompt wieder Bedenken an …

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  2. Hallo Tiptoe, hallo Wolfgang,

    Tiptoe, ja, ich hätte auf jeden Fall mal Lust, gemeinsam mit einem Sehenden barfuß zu wandern, verschiedene Untergründe zu erspüren. In unbekanntem Gelände, wo ich nicht weiß, was mich erwartet, ist es schon hilfreich, wenn man jemanden hat, der darauf achtet, dass ich nicht in Glasscherben oder andere, unangenehme Dinge trete.
    Das ist ja auch das Problem hier in der Großstadt, ich glaube, ich schrieb es hier schon mal irgendwo, es ist nicht ungefährlich und auch nicht immer angenehm, blind barfuß herumzulaufen. Es ist einfach viel zu viel Dreck, der rumliegt. Das ist wirklich schade, denn ich wäre gern viel mehr noch barfuß unterwegs.
    Selbst, wenn die Sohlen der Minimalschuhe noch so dünn sind, ist es nicht das selbe Gefühl. Und gerade im Sommer fühlen sich meine Füße dann eingesperrt. Sog. Barfußsandalen trage ich nicht gern, weil die alle, zumindest die, die ich kenne, einen Steg, wie bei Flippflopps zwischen den Zehen haben, sowas macht mich wahnsinnig.

    Danke Wolfgang, lieb, dass Du beim Schreiben Deines Beitrages sogar an mich gedacht hast. Ich finde Deine Überlegung, sich immer mal wieder ganz absichtlich bewußt zu machen, wieviele Sinne man hat, Dinge nicht zur Routine werden zu lassen, wahnsinnig wichtig. Vieles geht im Alltag und auch in der Begeisterung für eine bestimmte Sache irgendwann hdoch häufig unter.
    Und ja, dafür, um etwas sehen zu können, würde ich so einiges tun, vielleicht sogar mein Leben lang Stiefel tragen, wobei diese Vorstellung auch nicht gerade schön ist, mich sehr beschweren und einschränken würde.
    Und auch hier gebe ich Dir Recht, auch ich halte Schuhe nicht für komplett überflüssig. Es gibt einfach Situationen, da sind sie eine Hilfe. Und bestimmte Konventionen hindern uns eben auch häufiger daran, ohne Schuhwerk aufzutreten. Bei mir im Büro darf ich auf gar keinen Fall ohne Schuhe herumlaufen, meiner Chefin bereitet der Anblick von fremnden Barfüßen glaube ich persönliche, körperliche Schmerzen. Sie beruft sich auch auf den Sicherheitsaspekt, die Gefahr von Verletzungen ohne Schuhe seien ein zu großes Risiko.
    Ich wünsche mir sehr, dass auch ich mir in Zukunft mehr Möglichkeiten erschaffen kann, barfuß zu laufen, die Schuhe häufiger einfach wegzulassen.
    Danke für Euer tolles Blog und die vielen wertvollen Tipps und interessanten Artikel.

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  3. Lieber Wolfgang!
    Du weißt eh aus unserer Mail-Diskussion, dass Du gerade ein wenig meinen Widerspruchsgeist herausforderst:-)
    Ich verstehe zunächst einmal nicht so richtig, woraus Du den Schluss ziehst, dass sich bei manchen Barfußfreunden das ganze Leben nur mehr um das eine Thema dreht. Natürlich schreibt man in einem Barfußforum vom Thema, wobei gerade im uns seit einiger Zeit bekannten Forum die Grenzen oft nicht besonders eng gezogen werden. Mich persönlich beschäftigen gerade wie meistens noch sehr viele andere Dinge, über die ich dort nicht schreibe. Einerseits weil es dort nicht hingehört, und andererseits weil ich es für mich nicht ok finde, dort ungefragt über Leute aus meinem privaten und beruflichen Umfeld zu erzählen.
    Gleichzeitig bin ich eben in meiner langjährigen „barfüßigen Entwicklung“ so weit, die Schuhe in diesem Sommer einmal ganz wegzulassen. Das genieße ich, darüber rede ich gerne, aber das bestimmt nicht mein Leben. Wenn ich auf einen Berg mit Geröllhalden gehen möchte, wozu ich bisher in diesem Sommer keine Zeit hatte, würde ich eine Ausnahme machen und Schuhe mitnehmen. Wenn ich z.B. zu einer förmlichen Hochzeit eingeladen werde, würde ich auch dem Anlass entsprechende Schuhe anziehen. Aber ich mache das nicht präventiv.
    Und zur Idee, eine Woche konsequent Schuhe zu tragen, denke ich: Wer mag, soll es tun. Für mich würde das jetzt zu sehr eine Qual sein.
    Und schließlich: Ich kann auch mit den anderen Sinnen genießen. Eigentlich sogar umso mehr, je konsequenter ich barfuß gehe.
    Auf jeden Fall herzliche barfüßige Grüße aus Wien
    Harald

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    • Hallo Harald,
      unser Mail-Austausch, der den Lesern unseres Blogs natürlich unbekannt ist, war tatsächlich inspirierend für diesen Beitrag.
      Insbesondere faszinierte mich Dein Ansatz, das Barfußlaufen für dich weiter interessant zu gestalten. Barfußlaufen ist wirklich etwas Tolles, man bekommt neue sinnliche Erfahrungen geschenkt, die einem in Schuhen entgehen. Es ist tatsächlich wert, sich dieses Erleben immer wieder bewusst zu machen.
      Was aber den meisten, Barfußfreunden wie Schuhträgern, wohl überhaupt nicht mehr bewusst ist, sind die Eindrücke, die uns die anderen Sinne schenken. Wir nehmen sie einfach als selbstverständlich hin. Obwohl sie gar nicht selbstverständlich sind, wie es Kati in ihrem Kommentar klar macht. Darauf wollte ich aufmerksam machen. Die Barfußeindrücke sind wichtig und schön, aber sind sie wirklich so zentral im Reich der Sinne?
      Zu zitierst mich übrigens nicht richtig. Ich hatte geschrieben, dass für einige Barfußfreunde „die baren Füße dauerhaft im Mittelpunkt ihres Lebens zu stehen scheinen“, das schließt andere Dinge definitiv nicht aus. Das ist etwas ganz anderes Deine irreführende Interpretation: „dass sich bei manchen Barfußfreunden das ganze Leben nur mehr um das eine Thema dreht.“ Das wäre in der Tat extrem.
      Für die meisten Barfußeinsteiger legt sich die ganze Aufregung um den Bruch einer wichtigen Konvention recht schnell und Barfuß wird etwas ganz Normales. So wünschen wir es uns ja eigentlich für alle unsere Mitmenschen, dann müssten wir über das Thema ja gar nicht mehr reden. Es gäbe keine Barfußgruppen in Facebook, keine besonderen Foren. Und wir würden auch bei den Füßen nicht mehr so besonders darauf achten, welche Eindrücke sie uns gerade vermitteln. Was eben auch schade wäre. Bei vielen Langzeitbarfüßern ist es aber inzwischen so. Ich kenne einige davon. Ich bin auch auf dem Weg dahin.
      Mein Beitrag war ein Plädoyer für mehr Achtsamkeit für ALLE unsere Sinne. Deine Gedanken waren der Anstoß für diese Überlegungen. Danke dafür!
      Herzliche Grüße aus dem Allgäu,

      Wolfgang

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  4. Eine ganze Woche konsequent Schuhe tragen????? Da verlangst Du ganz schön viel!
    Ich bin jetzt zwei Tage (aus anderen Gründen) beschuht durch Kopenhagen gelatscht – gestern mit geschlossenen Lederschuhen (Senmotic) und heute mit Flipflops (hinten zusammengeschnürt für den Halt).
    Mit dem Ergebnis, dass mir am Ende nicht nur die Füße wehtaten, sondern auch der Rücken und ich außerdem fast durchgehend richtig mies gelaunt war, weil die abwechslungsreichen Untergründe so angenehm aussahen, meine Sohlen aber nur Gummi spürten. Heute habe ich es nicht mal geschafft, das bis zum Abend durchzuziehen. Ich musste mir zwischenzeitlich die Latschen von den Füßen reißen!
    Rein gefühlstechnisch zwei vollkommen verschenkte Urlaubstage, die ich am liebsten nochmal komplett wiederholen würde, wenn ich könnte (ganz ohne Schuhe versteht sich).
    Ich kann nicht verstehen, was daran so toll sein soll?! Schuhe sind sowas von überflüssig!
    Morgen gehe ich mit dicken Handschuhen, Augenbinde, Gehörschutz-Mickeymäusen und Nasenklammer durch die Stadt – dafür aber barfuß. Ich wette, davon habe ich mehr als in den letzten zwei Tagen.
    Eine ganze Woche… pfffft! 😉

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    • Eine ganze Woche war ja auch für abgestumpfte Langzeitbarfüßer gedacht. Dagegen bist Du ja noch ein Frischling. Aber ich geh mal mit Dir auf Bergtour, solltest Du mal wieder in der Gegend sein. Barfuß. Du bekommst nur die Augen verbunden. Ich beschreib Dir dann die herrliche Landschaft, die Du leider verpasst. Ich bin ja kein Unmensch. Natürlich steigst Du dann auch barfuß über einen felsigen und gerölligen Weg mit hohen Stufen wieder ab. Ich zieh mir da allerdings die Minimalschuhe an. Soviel Spaß muss sein. Und am Ende diskutieren wir dann noch mal, ob Schuhe wirklich so überflüssig sind. Und darüber, ob Kati, die hier schon geantwortet hat, nicht vielleicht doch für den Rest ihres Lebens Schuhe tragen würde, wenn sie dafür wieder etwas sehen könnte? Pffft, na klar, würde sie wahrscheinlich sagen. Soooo wichtig sind bare Füße auch wieder nicht. Wusste übrigens gar nicht, dass in Kopenhagen nur die Böden interessant sind. Ist der Rest so hässlich?

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  5. Normal und wichtig ist ja kein Widerspruch. Zum Beispiel wundere ich mich immer wieder über meinen Rücken, weil er durch das ständige Barfußgehen so schmerzfrei geworden ist. Das begeistert mich immer wieder, obwohl es ja eigentlich normal ist.

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  6. Es gibt im internet zahlreiche „barfußblogs“, die nach 10 oder 20 einträgen abebben und in denen dann nichts neues mehr steht. Bei mir hält sich die mitteilsamkeit auch in grenzen (ich war barfuß beim familienbesuch, beim arzt, bei der bank, im konzert, im hochgebirge – na und?) Ich muss mich nicht in foren darüber auslassen, weil es ohnehin nicht gut möglich wäre, alle eindrücke zu schildern, und warum auch, wenn selbst erfahren viel besser als darüber lesen ist?

    Es ist aber auch schön, wenn selbst der alltag ein bisschen besonders ist, wenn wir etwas mehr von der welt mitkriegen als die meisten anderen. Von manchen drogen wird gesagt, dass sie die sinneseindrücke allgemein verstärken. Starke sinneseindrücke bekommt auch, wer sich barfuß auf manchen untergründen bewegt.

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    • Hallo Tobias,
      wenn unser „blog“ wirklich nur ein Blog wäre, stände hier tatsächlich auch schon lange nichts Neues mehr. Nur verstehen wir uns inzwischen eher als Seite für Barfußeinsteiger, denen wir helfen wollen, ihren Weg in die Barfußwelt zu finden. Das macht uns immer noch viel Spaß. Darüber hinaus genießen wir es, unsere schöne Gegend mit allen Sinnen zu genießen, nicht nur mit den Füßen.
      Liebe Grüße,
      Wolfgang

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      • Danke für die informationen, ganz besonders freue ich mich natürlich über berichte über angenehme wandergegenden (beispielsweise Schönkahler)! Das macht lust … ich sollte meine persönlichen favoriten wohl auch mal irgendwo veröffentlichen. Leider schlummert ein großteil meiner bilder und videos auf der platte, ohne dass ich dazu komme, sie auch zu verarbeiten.

        (Da fällt mir ein, irgendwann wollte ich auch mal ins Allgäu, um mit euch wandern zu gehen … na ja das jahr ist noch nicht rum!)

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        • So etwas wie der Schönkahler ist selten hier. Die Wanderungen sind meist ein Mix aus barfußfreundlichen Untergründen, Split, Schotter und Geröll. Da kommen dann bei Bedarf Schuhe zum Einsatz, zumindest auf den Abstiegen. Aber dafür gibt es für herrliche Bergszenerien, die reiche Bergblumenwelt, das Zwitschern der Vögel, Murmeltiere und Gämsen, und vieles andere mehr. Ich suche mir meine Wanderrouten schon lange nicht mehr nach Barfußfreundlichkeit aus. Das hieße, auf viele Eindrücke zu verzichten. Sooo wichtig ist das Barfußlaufen auch wieder nicht…

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          • Ist hier in den Kalkalpen auch sehr unterschiedlich. Selbst nah beieinander ist der eine berg sehr steinig, der nächste hat wunderschöne almwiesen. Oder (wie vom Edelweißboden zum Hochturm) wechselt es innerhalb weniger meter von almwiese zu schroffem felsabhang. Der angenehme untergrund ist längst nicht das einzige kriterium, aber doch ein wichtiger bestandteil im gesamten berggenuss. Da behalte ich zumindest meine favoriten im hintergrund (oder merke mir besonders steinige abschnitte, auf denen dann halt etwas festere notschuhe mitgenommen werden müssen).

  7. Hallo,Wolfgang,
    klar wird das Barfusslaufen immer selbstverständlicher und weniger aufregend, desto länger man es betreibt. Aber deshalb wird es nicht minder schön, ich muss mich da meinem Vorredner und dem vergleich mit der Ehe anschließen. Aber auch wie man eine Beziehung ständig pflegen muss, muss man auch das Barfusslaufen ständig pflegen, um die Freude daran zu behalten – immer wieder einmal aufregende Untergründe suchen, ausprobieren und begehen, vielleicht immer mal wieder eine Grenze überschreiten, aber eben auch mal Schuhe anziehen, wenn man sich barfüssig unwohl fühlen würde, sei es der Untergrund oder der gesellschaftliche Druck, den man nicht aushalten möchte.

    Dass in den barfuss-Foren und facebook-barfuss-Gruppen (gibt es solche ? bin nicht bei „Gesichtsbuch“) vorwiegend „barfuss“ thematisiert wird, finde ich verständlich – dafür sind diese Gruppen ja zu diesem Thema gegründet worden. Ich denke aber, dass „barfuss“ deshalb nicht zwingend der wichtigste Lebensinhalt der Teilnehmer sein muss . Es gibt sicherlich Barfuss-Freunde, die dem Thema einen hohen Stellenwert in ihrem Leben zubilligen – aber das gibt es ja in anderen Gebieten genauso, z.B. bei Musikliebhabern, Sportfans (Fussball !) usw., das muss jeder selbst für sich entscheiden. Letztlich ist es doch gut, dass man sich austauschen kann – sei es über Blogs wie hier oder über Foren, man sieht, dass man nicht alleine ist mit seiner Vorliebe, und man bekommt eine Menge Tipps (bzw. kann selbst Ratschläge geben).
    Soweit meine Gedanken zu Deinen Ausführungen.
    Grüsse ins Allgau aus dem Norden vom
    Michael !

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  8. Hallo Wolfgang,

    Ein sehr schöner und wahrer Beitrag. Vieles, mit dem wir ganz euphorisch beginnen und uns auseinander setzen, wird im Alltag irgendwann ganz selbstverständlich und wir bemerken es kaum noch. Ich kann mich leider nicht zu den totalen Barfußläufern zählen, denn ich bin blind und lebe in einer Großstadt. Dort liegen überall Glasscherben und anderer Unrat herum, dem wäre ich ungeschützt ausgeliefert. Ein bisschen Sohle brauche ich daher leider meist schon, aber dafür habe ich längst Minimalschuhe für mich entdeckt.
    Es ist alles so schnelllebig geworden, die meisten Menschen kriegen kaum noch mit, was um sie herum passiert. Sie hören keine zwitschernden Vögel mehr, spühren nicht die warme Sonne auf ihrer Haut oder den Wind, sehen nicht mehr die schönen Dinge um sie herum und riechen nicht mehr die Blumen, so denn überhaupt welche da sind. Wahrscheinlich sind wir alle auch einer wahnsinnigen Reizüberflutung ausgesetzt. Und der Sehsinn macht eh in etwa 85% der Wahrnehmung aus.
    Bei mir fehlt dieser Sinn und die 85% verteilen sich auf die anderen übrigen sinne.
    Um so wichtiger ist es, diese zu schärfen und zu nutzen. Aber auch ich nehme diese Überflutung war. Ich brauche alle meine mir noch verbliebenen Sinne, um mich überhaupt in meiner Umgebung noch zurecht zufinden und ich kann es mir nicht leisten, auch nur einen davon, nicht mal für kurze Zeit, auszuschalten.
    Um so spannender und aufregender war es für mich, als ich die Minimalschuhe entdeckte. Mit deren Hilfe kann ich es meinem „Fühlsinn“ enorm erleichtern, Dinge am Boden wahrzunehmen. Ich erhalte eine ganz andere, viel detailiertere Rückmeldung, als in festem Schuhwerk.
    Ich mache es, wie Du angedacht hast. Ich trage hin und wieder auch nochmal Schuhe mit dickerer Sohle und freue mich dann immer wieder aufs Neue, wenn ich wieder auf die dünnen Sohlen wechsele.
    Es ist die Abwechslung, die im Leben wichtig ist. Alles, was zur Routine wird, stumpft uns ab.
    Liebe Grüße!

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    • Da frage ich mich, ob du gern mit einer sehenden person barfuß etwas abwechslungsreichere naturböden erkunden würdest. Diese person müsste dann wohl für zwei aufpassen, denn so nützlich der tastsinn auch ist, es ist doch von vorteil, schon vor dem drauftreten zu wissen, was uns am weg erwartet.

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    • Hallo Kati,
      schön, mal wieder etwas von Dir zu hören. Als ich den Beitrag schrieb, habe ich tatsächlich auch an Dich gedacht. Und Du hast genau den Kern verstanden, um den es mir ging. Jeder einzelne Sinn wäre es wert, ein Forum zu bekommen und tägliche Freude darüber, dass wir ihn besitzen. Das Barfußlaufen ist eine wunderschöne Sache. Aber eben nur eine von vielen. Es ist uns nur nicht mehr immer bewusst.
      Dir weiter viel Freude am Erspüren der Welt mit allen Deinen verbliebenen Sinnen!
      Liebe Grüße,
      Wolfgang

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  9. Man kann auch nach dreieinhalb Jahren ziemlich konsequent barfuss zu allen Jahreszeiten sehr bewusst jeden Boden wahrnehmen, mir jedenfalls geht es so. Ich glaube, es ist eine Frage der Achtsamkeit.
    Natürlich ist barfuss für mich völlig normal und selbstverständlich geworden – ich denke längst nicht mehr drüber nach. Ich bin mir aber dennoch immer jederzeit dessen, was ich fühle, bewusst. Ebenso wie mir bewusst ist, was ich anfasse und dabei spüre, wie es beschaffen ist. Im Alltag ist es normal geworden, was aber nicht heisst, dass ich gleichgültig wäre. Langweilig ist es nie. Die Tagesform ist auch nicht immer dieselbe und infolgedessen fühlt sich alles verschieden an. Auch je nach Wetter fühlt sich ein Untergrund immer wieder anders an. Wie könnte das je wirklich alltäglich werden?! Egal ob Hand oder Fuss!
    In einem Forum hat jemand einen sehr schönen Vergleich mit einer Ehe gemacht.
    Ich erlaube mir, ihn zu übernehmen.
    Auch wen ich seit 23 Jahren mit meinem Mann zusammen bin, die Ehe eigentlich „normal“ geworden ist, bin ich sehr dankbar und bin mir sehr bewusst, was für ein Glück ich habe.
    Genauso ist es für mich mit dem Barfussgehen (oder dem Anfassen von Dingen) auch.

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