Barfuß und „Shifting Baselines“

Der Begriff „Shifting Baselines“  oder „Sich verschiebende Grundlinien“ kommt ursprünglich aus der Umweltforschung und beschreibt, wie Menschen die Veränderung von Umweltparametern wahrnehmen. Ich selbst erinnere mich zum Beispiel lebhaft daran, dass man vor 30 Jahren spätestens bei jedem Tankstopp unbedingt die Windschutzscheibe von Insektenleichen befreien musste, um überhaupt noch einigermaßen Sicht auf die Straße zu haben. Meine ganz persönliche Wahrnehmungs-Grundlinie oder -Referenz, was Insekten angeht. Heutzutage gibt es das Problem nicht mehr. Die Scheibe bleibt einigermaßen sauber. Die Zahl der Fluginsekten hat dramatisch abgenommen. Um 80% in letzten 30 Jahren, wie mehrere Studien ermittelten. 

Für heute aufwachsende Kinder ist diese stark verminderte Insektenzahl ihre Referenz oder Grundlinie, gegenüber der sie dann im Lauf ihres Lebens Veränderungen wahrnehmen. Verglichen mit meiner eigenen ist diese Grundlinie stark verschoben, die Verarmung der Umwelt wird von Kindern zunächst nicht als solche wahrgenommen. Eine Shifting Baseline.

Dieses Konzept lässt sich auf menschliche Verhaltensweisen übertragen. Als ich Kind war, in den 50iger und frühen 60iger Jahren des letzten Jahrhunderts, hatten sich Frauen und Mütter um Heim und Herd zu kümmern, sie hatten wenig Rechte und wurden von der Männerwelt etwas geringschätzig betrachtet. Eine gesellschaftliche Grundlinie. Auch heute sind Frauen nach Studien noch die, die sich vornehmlich um Kinder und Haushalt kümmern, nur spielen sie inzwischen parallel dazu auch beruflich eine wichtige Rolle, ihre Stellung in der Gesellschaft hat sich zum Besseren verändert. Ebenfalls eine neue Grundline für die Kinder von heute. 

Wie sieht es beim Barfußlaufen aus?

Mir kommt es so vor, als ob es in meiner Kindheit verschiedene Grundlinien gab, je nachdem, wo man aufwuchs. Klassenfotos aus den 50iger Jahren des letzten Jahrhunderts zeigen vor allem in ärmeren Landstrichen noch viele Kinder ohne Schuhe. Auch hier im Allgäu war das damals so. Ich wuchs am Rande einer Stadt in Nordrhein-Westfalen auf. Mein erstes Klassenfoto aus dem Jahr 1961 zeigt ausschließlich Kinder mit Schuhen. Offenbar konnten sich alle Eltern Schuhe leisten.

Ein Leben ohne Schuhe hatte also offenbar etwas mit Armut zu tun, die Grundlinie des damaligen öffentlichen Verständnisses.  

Aber ich erinnere mich auch, dass ich im Sportunterricht der ersten Schulklassen immer barfuß war. Es war normal. Schon wenige Jahre später, im Gymnasium, wurden dann plötzlich Turnschuhe Pflicht. Hatte man sie vergessen, musste man „zur Strafe“ barfuß mitmachen, irgendwann durfte man dann ohne Sportschuhe gar nicht mehr teilnehmen, warum auch immer.  

Wie ist es heute?

Die Verknüpfung von Barfuß mit Armut gibt es zumindest hierzulande nicht mehr, Schuhe sind für alle erschwinglich. Deshalb wird jemand, der in der Stadt barfuß läuft, nicht etwa als arm sondern eher als spleenig wahrgenommen, in der freien Natur vielleicht sogar als interessant und cool. 

Im Sportunterricht ist das Barfußlaufen eine absolute Seltenheit. Viele Mütter reagieren sogar mit großer Sorge, wenn ihre Lieblinge im Kindergarten barfuß laufen sollen. Wegen der vermeintlichen Verletzungsgefahr, wie mir eine entnervte Erzieherin in Rheinland-Pfalz erzählte.

Als Folge empfinden Kinder heute das Barfußlaufen als gefährlich. Und da so gut wie niemand barfuß läuft und es in der Schule sogar verboten zu sein scheint, als etwas Unerlaubtes. Entsprechend irritiert sind sie, wenn sie in der Stadt oder in der Natur dann doch mal jemand ohne Schuhe erblicken. „Darf der das?“ höre ich öfter als Frage an die Eltern.

Entfremdung von den Füßen, die neue Grundlinie für die Kinder von heute.    

Ausgesprochen erstaunlich ist es deshalb für mich, dass mir Menschen unterwegs immer wieder anerkennend und mit Nachdruck bestätigen, dass das Barfußlaufen ja so ungeheuer gesund sei. Natürlich tragen sie selbst Schuhe. Sehr amüsant.

Nach meiner Beobachtung ist dieses Wissen um den Nutzen des Barfußlaufens und die Schädlichkeit von Schuhen keine Leistung der heutigen Medien, sondern etwas, was schon lange bekannt ist. Ich lernte es schon so in meiner Kindheit. Aber nur wenige setzen das Wissen in entsprechendes Handeln um. Es wird stattdessen schon seit Generationen zugunsten gesellschaftlicher Anforderungen verdrängt.

Auch meine Eltern wussten sicher darüber Bescheid. Trotzdem wurden mir schon als Baby putzige Schühchen verpasst, sobald ich laufen konnte. Ich besitze sie heute noch. In den Fünfziger Jahren waren die geltenden Konventionen halt besonders mächtig und ich fürchte, sie sind es heute noch. Nur das schlechte Gewissen angesichts der gesundheitlichen Sünden ist vielleicht stärker geworden. 

Ebenfalls amüsieren und schockieren mich regelmäßig die sporadischen ausführlicheren Fernsehsendungen zur Fußgesundheit, in denen zwar stets der obligatorische „Quoten-Dauerbarfüßer“ für 2, 3 Minuten auftreten darf. Um dann aber gleich von Moderatoren und Experten als kurioses und nicht unbedingt empfehlenswertes Extrembeispiel eingestuft zu werden. Ansonsten beschäftigen sich die Sendungen dann wie selbstverständlich ausschließlich mit der Auswahl guter Schuhe, der Behandlung von Fußfehlstellungen usw., im besten Fall garniert mit dem Tipp, so oft wie möglich barfuß zu laufen. Offenbar bedienen diese Medienformate das Meinungsbild und den gegenwärtigen Informationsbedarf ihrer Zuschauer, größere Änderungen wollen sie nicht bewirken.

Die Grundlinie für das Barfußlaufen in der Öffentlichkeit ist stabil festgezurrt. Die Menschen wagen es nicht aus gesellschaftlichen Gründen und trauen es sich auch nicht zu. „Das könnte ich nicht“, bekomme ich sehr oft zu hören. Genauso wie die mantraartig vorgetragene Furcht vor Hundehinterlassenschaften und Verletzungen durch Glasscherben in der Stadt. Außerdem gehören schicke Schuhe zum Grundbedarf für das persönliche Wohlbefunden. Die zahllosen Schuhläden in den Städten bestätigen das eindrücklich.

Nur an einer Stelle gibt es eine Veränderung. Ich meine den Trend zu gesundem Schuhwerk in Form von „Barfußschuhen“.

Barfußpuristen regen sich über den Begriff furchtbar auf, mir selbst ist es völlig wurscht, wie die Schuhe genannt werden. Hauptsache, sie tragen dazu bei, die Barfuß-Grundlinie wenigstens leicht zu verschieben und die Akzeptanz gegenüber den Menschen, die die Schuhe gleich ganz weglassen, zu verbessern. Und das passiert eindeutig, das zeigen viele Gespräche. Gleichzeitig verhelfen sie den Menschen zu einer starken Fußmuskulatur und zu einer besseren Körperstatik. Mehr Barfußläufer wird man in den Städten deshalb aber eher nicht sehen, so sehr man sich etwas anderes wünschen mag.

Für das Barfußlaufen in der Natur sieht die Lage ähnlich aus.

Barfußpfade werden von den Menschen gut angenommen, besonders dann, wenn sie einen gewissen Spaßfaktor bieten. Als Barfuß-Vergnügungspark sozusagen, als „sicherer“ Bereich, körperlich und mental. Aber nur wenige werden danach öfter die Schuhe weglassen, die Akzeptanz des Barfußlaufens in der Natur erhöht sich durch die Pfade dennoch enorm.       

Auf den Bergwanderwegen der Alpen hat sich die Schuhgrundlinie klar verschoben. Die früher üblichen schweren Bergstiefel weichen zunehmend leichten Wanderschuhen oder halbhohen Trekking- oder Zustiegsschuhen. Die neue Leichtigkeit.

Ich habe einfach den nächsten Schritt gemacht und nutze nur noch dreierlei, angepasst an die Situation:  a) bare Füße, b) leichte Sandalen mit hochflexibler Sohle und c) Surflinge wie meine Mares

Die Reaktionen darauf sind hochinteressant und völlig unterschiedlich.

a) Barfuß: Ich bekomme begeisterte Zurufe und werde bewundert. Von Einheimischen respektvoll als harter Hund, von Urlaubern als moderner Held, dessen Leistungen für Normalos unerreichbar sind. Nur wenige sprechen mich auf mögliche Risiken an, eher kommt die Bemerkung, dass ich barfuß ja wahrscheinlich besser klettern könne. 

b) Sandalen: Hier ist es umgekehrt, es schlägt mir eher Ablehnung, Kopfschütteln und Geringschätzung entgegen. Denn das weiß ja nun schließlich jedes Kind: Sandalen tragen in den Bergen nur völlig ahnungslose, unsportliche Bergbahntouristen. Stöckelschuhe fallen in die gleiche Kategorie. Mit den Dingern ist der böse Unfall schon vorprogrammiert. Es nutzt nichts, wenn ich erkläre, dass ich sie im Absturzgelände selbstverständlich nicht trage und ich ansonsten öfter auch barfuß wandere. Mein Ruf ist dennoch ruiniert…

c)  Surflinge: Sie erzeugen erstaunlicherweise riesiges Interesse, denn sie werden sofort als „Barfußschuhe“ wahrgenommen. Der neue Trend. Etwas also, was als mögliche Alternative aufgefasst wird. Entsprechend oft werde ich gefragt, wie sich denn so etwas auf einer Bergwanderung bewährt, was die Vorteile gegenüber leichten Bergschuhen sind usw. Hier tut sich was, das ist offensichtlich.

Welches Fazit lässt sich ziehen?

Für eingefleischte und missionarisch ambitionierte Dauerbarfußläufer ein sehr frustrierendes: Die Menschen werden sich von ihren Schuhen auch weiterhin nicht trennen. Daran können noch so viele Medienberichte über Dauerbarfußläufer nichts ändern. Sie werden auch langfristig als nicht unbedingt erstrebenswertes kurioses Extrem verstanden werden. Zu stark ist die Grundlinie, gebildet durch die Angst vor Verletzungen der Füße und der gesellschaftlich auferlegten Schuhpflicht. 

Auf der positiven Seite hat sich aber die Akzeptanz des Barfußlaufens in der Natur hierzulande verbessert. Dafür hat die Medienberichterstattung, der neue Trend zu Barfußschuhen und die vielen Barfußparks gesorgt. 

Für mich reicht das vorerst vollkommen, ich empfinde da keinerlei missionarischen Eifer mehr.

Für die Kinder von heute könnte sich die Grundline gegenüber früher leider etwas zum Nachteil des Barfußlaufens verschoben haben. 

Wir werden sehen…

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14 Gedanken zu „Barfuß und „Shifting Baselines““

  1. Bei meinen Kindern im Kindergarten ist es nicht gewollt, dass die Kinder Barfuß laufen, es könnten ja Scherben liegen.
    Auch darf kein “Sport” mit Stoppersocken oder Barfuß gemacht werden, die Kinder müssen Halkenschuhe tragen ansonsten dürfen sie nicht teilnehmen. Die Kosten für die Schuhe stehen definitiv nicht im Verhältnis zu den 3-5 Mal “Sport”.
    Als Begründung wird in beiden Fällen die Unfallkasse genannt und ändern kann man leider nichts.
    Das Kind hat eine leichte Fußfehlstellung und soll mehr Barfuß laufen, damit es nicht über die eigenen Füße fällt und vom Kindergarten, wo das Kind einen Großteil des Tages verbringt, können wir keine Unterstützung erwarten.
    Habe jetzt selber angefangen Barfuß zu gehen und der Umstieg viel mir sehr leicht. Ich hoffe jetzt, dass ich durch vorleben mein Kind dazu bringen kann öfters die Schuhe auszuziehen.

    Antworten
    • Es ist unfassbar, dass die Angst vor Verletzungen inzwischen in ein System institutioneller Körperverletzung eingemündet ist. Denn etwas anderes ist ein Barfußverbot in Kindergärten und Schulen nicht. Ich fürchte, dass daran heutige Helikoptereltern nicht ganz unschuldig sind.

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      • Es wäre noch die frage, ob solche regeln mit ärztlichen verordnungen zu umgehen wären. Aber der normalfall bei kindern ist “die füße sind gesund und sollen es auch bleiben”, die gesellschaftliche mehrheitsmeinung “schuhe schaden nicht, sondern schützen” und ärzte haben nur dann was zu sagen, wenn es medizinische abweichungen vom normalfall gibt …

        Antworten
    • Hallo Daisy,

      gerade wo sich Kinder aufhalten, wofür eben genau ein Kindergarten ja absolut steht, achtet man doch peinlichst darauf, dass kein Glas herum liegt bzw. erst gar kein Glas geduldet wird um diese Gefahr schon mal gleich zu verbannen. Insofern finde ich das Argument, ein Kind könnte sich die Füße an Glas verletzen unsinnig, denn demnach würde die Gefahr ja auch für die Hände, die Knie oder welche Körperteile auch immer bestehen. Gerade aus diesem Grund wird doch in Kindergärten verstärkt darauf geachtet, dass die Kinder möglichst nicht mit gefährlichen Dingen konfrontiert werden, also wohl Glasgegenstände komplett aus dem “Programm” gestrichen.
      Dann dieses bürokratische Laster mit der Versicherung, es wird echt immer schlimmer mit dem ganzen bürokratischen Quatsch, unsere Bürokratie und unsere Bestimmungen sorgen noch für unseren Untergang.
      Vorsicht in allen Ehren, aber was ist überhaupt noch möglich? Ich finde den Trend, den wir in Deutschland ansteuern und zum Teil auch schon länger haben, beängstigend.

      Barfußgruß von
      Andi

      Antworten
  2. Noch ein kommentar zu den “Baselines”, zum erleben dessen, was normal ist:
    Da habe ich in den letzten 50 jahren keine großen veränderungen wahrgenommen.
    Schon in den 1970er jahren waren draußen barfuß gehende leute abseits bestimmter bereiche wie parks, spielplätze, freibäder, badeseen, strände, kletterbäume usw. sehr selten und die absolute ausnahme. In Freiburg plätscherten im hochsommer noch ein paar in den bächle herum, trugen aber stets die schuhe in der hand ….
    Für mich persönlich habe ich die baseline inzwischen dahingehend geshiftet, dass für mich barfuß der normalfall des täglichen lebens ist; schuhe habe ich für eiskaltes wetter und besondere anforderungen. Viele fühlen sich (damals wie heute) ohne schuhe nicht voll angezogen, das trifft auf mich nicht mehr zu. Brauchte allerdings jahrelange entwicklung, weil ich es früher als völlig selbstverständlich annahm, dass beim aufstehen oder spätestens beim rausgehen schuhe angezogen werden. Wie das wohl bei den meisten immer noch ist.
    Ich versuche nicht, das barfußgehen zu etwas besonderem zu machen. Dazu machen es genug andere, die sich darüber wundern. Ich stelle nur erfreut fest, was für fähigkeiten ich habe, die viele wohl kaum je so erfahren.

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  3. Hallo Wolfgang!
    Eine schöne Beschreibung der Dinge.
    Was ich zur Barfußakzeptanz sagen kann ist, dass ich in der Natur, aber auch in Dörfern und Städten zu über 90 % positive Kommentare erhalte. In den Bergen zu wandern, war mir noch nicht möglich, da ich zu weit davon entfernt wohne.
    Bedauerlicherweise finde ich aufgrund meiner Arbeiten nur noch wenig Zeit, barfuß zu gehen und nächtliche Ausgangssperren trugen ihren Teil dazu bei. Denn ich machte am Wochenende auch gerne mal Nachtspaziergänge, da ich am Tag und bis abends am arbeiten war, erst beruflich, dann noch privat. So konnte ich die Ruhe, das Singen der Nachtigall, das Zirpen von Grillen, das Rasseln der Heuschrecken und vieles mehr, bis spät in die Nacht, nicht mehr genießen. So bot sich eben in den warmen Monaten, die mir ohnehin viel lieber sind, und ohnehin im Winter, weniger die Chance zum Barfußgehen.
    Es ist mir auch fast nicht mehr möglich, durch das Gras zu gehen, denn es geht mir im Sommer oder auch schon im Frühjahr inzwischen bis zu den Oberschenkeln, sodass man im Storchengang hindurch waten muss, Zecken inclusive und das macht mir keinen Spaß mehr, ja, ich bekomme durch diese ständige Reibung des Grases an den Zehen sogar wunde Zehen im Nagelbereich und darum vermeide ich Gänge über Wiesen. Ich fragte mich anfangs, was das bloß sei, bis mir auffiel, dass es jedesmal dann auftritt, wenn ich durch hohes Gras watete.
    Ich bin 1968 geboren und somit natürlich auch voll in eine Zeit, in der Schuhe längst normal, ja, gar Pflicht waren und meine Eltern hätten es mir nie erlaubt, barfuß zur Schule zu gehen. Sicher hätten die Lehrer auch die Eltern zur Schule bestellt, wenn man sich an der Schule der Schuhe entledigt hätte, das traute man sich ohnehin nicht. Wenn man zum Sport seine Schuhe vergaß, musste man barfuß mitmachen, das wurde in meiner Schulzeit auch später nicht verboten, doch hätte man sie ständig “vergessen”, hätte der Sportlehrer oder die Sportlehrerin sicher auch die Eltern informiert und zur Schule bestellt.
    Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass es in der Nachkriegszeit, als eigentlich alle Kinder barfuß zur Schule gingen, so manchem Kind lieber gewesen wäre, wenn es hätte Schuhe tragen können und dass man dann stolz darauf gewesen wäre, wie eben heute auf andere Dinge, die sich nicht jeder leisten kann.
    Was zum Muss wird oder es schon ist, macht ja oft keinen Spaß, da eben der Zwang dahinter steckt, während wir freiwillig unsere Schuhe weg lassen, sodass es für uns ein Genuss ist.
    Liebe Grüße,
    Andi

    Antworten
  4. Hallo Wolfgang,

    eine wunderbare Analyse, Gratulation! Und für mich eine neue Basis für Diskussionen – und das gleich zu verschiedenen Themen. 🙂
    Das mit den Insekten kann ich bestätigen, da ich in den 90ern hauptsächlich zweirädrig unterwegs war. Einmal musste ich alle 10km anhalten, weil die Insekten das Helmvisier vollständig zugeklebt hatten. Heute mit dem Auto bleibt auch auf längeren Autobahnfahrten die Scheibe frei. Es ist schlimm, wenn sich gerade für junge Leute hier die Basislinie verschiebt. Sollten dann nicht gerade die Älteren viel mehr für den Umweltschutz demonstrieren? Wo sind die alle? Erschreckend!

    Ich glaube, Du hast Recht, dass Barfußgehen als gefährlich wahrgenommen (und auch propagiert) wird. Diese Erkenntnis ist für mich der neue Maßstab. Dass es gesund ist, wissen alle, bloß sie machen es trotzdem nicht. Vielmehr können wir zeigen, dass es auch im Alltag möglich ist und keine Extremleistung. Beim Einkaufen, im Auto, beim Arzt, auf öffentlichen Toiletten etc… das übersteigt häufig die Vorstellungskraft. Den Satz “das könnte ich nicht” höre ich tatsächlich auch sehr häufig. Ich sage dann immer “doch, das können Sie auch, Sie müssen es nur machen”. Es muss ja nicht gleich dauerhaft sein, das sage ich dann auch dazu. Und dann schwärme ich gerne davon, was ich jetzt gerade fühle mit den Fußsohlen. “Und ihr nicht – ätsch!” 😉
    Bei den Fernsehsendungen habe ich die Hoffnung auch bereits aufgegeben. Die bewirken meistens das Gegenteil, vor allem wenn ein promovierter “Experte” zu Wort kommt, der sich aber mit Barfußlaufen meistens gar nicht wirklich auskennt. Zum Verzweifeln!!!

    Danke für diesen tiefsinnigen Artikel!
    Forbi

    Antworten
    • Hallo Forbi,

      danke für das Kompliment!

      Was uns als Beispiel angeht: Ich fürchte, dass wir wenig Chancen haben, in der Stadt nicht als Sonderling oder Extremist wahrgenommen zu werden. In der Natur dagegen ist alles anders. Da ist man der Superheld. Macht aber genau deshalb auch kaum einer nach, weil eben viele davon überzeugt sind, dass so etwas nur Superhelden vorbehalten ist. Oder weil man einfach wenig Lust verspürt, die Füße dafür fit zu machen.

      Manchmal gibt es aber schöne Ausnahmen. Erst vorgestern traf ich auf einem grasigen Gipfel in Tirol (dem Hönig bei Berwang) eine nette Gruppe jüngerer Leute mit denen ich auch zum Barfußlaufen ins Gespräch kam. Später sahen wir uns auf einer Hütte wieder und einer zeigt mir fröhlich seine nackten Füße. Er habe sich von mir inspirieren lassen, sei barfuß abgestiegen und es wäre einfach toll gewesen…

      Viele Grüße,
      Wolfgang

      Antworten
      • Hallo Wolfgang,

        toller und ausführlicher Artikel.

        Ich traf heute bei sonnigem und warmen Wetter eine Spaziergängerin, die barfuß lief.
        Weil ich schon sehr lange niemanden Barfuß gesehen habe, habe ich mich so sehr gefreut, dass ich sie angesprechen mußte. Sie sagte mir, dass sie mich schon oft barfuß laufen gesehen hat und ich sie inspiriert habe es auch einmal zu tun.

        Viele Grüße
        Detlef

        Antworten
  5. Habe ich im gebirge ebenso erlebt, auf österreichisch gesagt: “in Sandalen bist a Depp, barfuß bist a Supersportler”.
    Es gibt heute in den medien viel häufiger als früher das thema “barfuß ist gesund”, allerdings zu oft mit einem “aber”, so wurde barfuß gehen im homeoffice zuletzt von orthopäden mit fersensporn in verbindung gebracht und das in verschiedenen medien verbreitet, was ich für unsinn halte.
    Auch führt “barfuß wenn immer möglich” bei vielen zu dem schluss “aber das ist auf der straße völlig unmöglich weil dreckig, ich habe keinen garten und zuhause hole ich mir fersensporn”. Wer es ausprobiert, erlebt erst, was alles möglich ist.
    Als introvertierte person möchte ich kein aufsehen erregen und oft nicht die aufmerksamkeit auf meine person ziehen, von daher habe ich bei manchen anlässen schon schuhe getragen, obwohl das rein rational betrachtet nicht nötig gewesen wäre. Da würde ich mir schon wünschen, dass es ein wenig normaler wird. Andererseits gibt es kaum noch reaktionen, wenn mich jemand im frühling/sommer/herbst barfuß sieht; es gibt halt nur fast keine leute, die das als inspiration nehmen, es ebenso zu tun.

    Antworten
    • Hallo Tobias,
      im Allgäu ist man mit Sandalen ebenfalls ein “Depp”.
      Das mit dem home office ist ja interessant. Hab allerdings nur einen einzigen Verweis im Netz gefunden: https://www.lebensart.at/fersensporn-folgt-home-office. Angeblich häufen sich demnach die Fersensporne. Man hat das Barfußlaufen auf glattem Parkett im Verdacht, auf unebenem Untergrund wäre es dagegen gesund: https://www.lebensart.at/fersensporn-folgt-home-office. Hört sich tatsächlich etwas abenteuerlich und unsinnig an.
      Ansonsten stimme ich Dir zu: Es gibt wenig Hoffnung auf mehr Barfüßer im öffentlichen Raum.
      Viele Grüße,
      Wolfgang

      Antworten
      • Oh mein Gott, dieser home-office-folgt-fersensporn Artikel (oder andersrum) toppt ja auch wieder alles! Fazit:
        Barfuß=schlecht
        Flache Schuhe=schlecht
        Hohe Schuhe=schlecht
        Ja, was ist denn noch gut?
        Zum Glück haben wir allwissende Orthopäden, die das richten können! Der moderne Mensch wäre ohne deren Wissen und Gel-Einlagen gar nicht in der Lage, sich auf den eigenen zwei Beinen zu halten…
        Nee ehrlich, solche Artikel braucht’s echt nicht!

        Antworten
        • Hallo Tiptoe,
          genau das ist der Punkt.
          Ich kann mich noch gut daran erinnern wie mir der Orthopäde Einlagen
          Verschreiben wollte bevor ich mit dem Barfusslaufen beginnen habe.

          Aus heutiger Sicht nach 3 1/2 Jahren Barfusslaufen unvorstellbar..

          Gruss
          Mathias

          Antworten

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