Barfuß Wattwandern inklusive Bergblick

Wattwandern an den Bergen?

So eine Wattwanderung ist etwas Tolles. Mit so einer begann meine Barfußlaufbahn. Herrlich dieser Wind, der über endlose Sandflächen streicht, dieser weiche, feuchte Sand unter den Fußsohlen.
Aber heute fehlt irgendwas. Auf jeden Fall die lauten Rufe der Austernfischer. Und die kleinen Erdhügel der Wattwürmer. Die kleinen Wasserpfützen. Dafür gibt es Berge, schneebedeckt und mehr als 2000m hoch. Und der Sand ist nicht immer feucht und weich wie im Watt, sondern auch hier und da trocken. Auch Kiesbänke kommen vor.

Ich stehe mitten im Forggensee. Allerdings, von See kann im Moment keine Rede sein. Es herrscht Ebbe, schon seit Wochen. So trocken war der Seegrund schon seit Jahren nicht mehr. Die Flut wird dieses Jahr frühestens Ende Juni auflaufen.

Der Grund ist technischer Natur. Der Forggensee ist nämlich kein richtiger Natursee, sondern etwas von Menschen Gemachtes. Er ist der flächenmäßig größte Stausee Deutschlands. Die Staumauer bei Roßhaupten wurde in den fünziger Jahren des letzten Jahrhunderts errichtet und staut den Lech auf 8,7 km Länge und bis zu 2,8 km Breite auf. Im Sommer. Im Winterhalbjahr wird der See stets teilweise abgelassen, um Platz für die großen Schmelzwassermengen des Frühjahrs zu schaffen. Außerdem wird so die Stromerzeugung in den insgesamt 30 Lechkraftwerken optimiert und maximiert. Der Forggensee bildet in diesem System den “Kopfstausee”.

Dieses Jahr gab es einen Schock: die Staumauer ist defekt und muss saniert werden, und das dauert. Die erste Stufe der Sanierung soll zunächst den Untergrund des Damms mit Beton stabilisieren. Wenn das gelingt, kann der See Ende Juni vielleicht wieder aufgestaut werden. Die Forggenseeschiffahrt wird dann mit Verspätung ihren Betrieb aufnehmen, die Segler ihre Boote zu Wasser lassen, die Angler den Köder auswerfen. Die Hotels, Pensionen und Ferienwohnungsbesitzer ihren Gästen schöne Ferien am See anbieten. Wenn nicht, bleibt der See möglicherweise bis zum nächsten Sommer trocken und es gibt Millionenverluste. Die Sorge und Unruhe ist groß. Verständlich. Aber die Sicherheit geht nun einmal vor.

Barfußattraktion!

Für uns Barfüßer bietet der See jetzt eine unerwartete Attraktion, eine phantastische Riesenebene aus Schlick, der genügend abgetrocknet ist, um kilometerlange Wanderungen zu unternehmen. Wir können die Grundmauern versunkener Gehöfte aufspüren und sogar die Reste einer römischen Fernstraße, der Via Claudia Augusta, bewundern. Einen ersten Versuch habe ich diese Woche unternommen. Vierzehn Kilometer umfasste die Tour, wobei Hin- und Rückweg fast identisch waren. Am Vortag hatte es starken Regen gegeben, der auch die abgetrockneten Flächen wieder barfußfreundlich aufgeweicht hat.

In der Folge zeige ich ein paar Impressionen, die Dir vielleicht Lust darauf machen, dem Forggensee-Watt auch einmal einen Besuch abzustatten.

Hier zunächst ein Blick vom Festspielhaus Füssen hinüber zur Ortschaft Waltenhofen. Ein Ferienparadies. Im Sommer, bei gefülltem See.

Blick über den sommerlichen Forggensee

Und hier der Blick nach Waltenhofen, wie er sich jetzt bietet. Ideal für Nichtschwimmer. Und Leute, die gerne im Watt spazieren gehen. So wie mich.

Der gleiche Blick jetzt, mit dem trockenen Seegrund.

Stillgelegt: ein Schiff der Forggenseeflotte im Trockendock. Wenn der See gefüllt ist, haben die Schiffe an dieser Stelle immer noch sehr wenig Wasser unter dem Kiel.

Passagierschiff der Forggenseeflotte im Trockendock

Der Untergrund ist teilweise ausgetrocknet und zeigt unzählige Schrumpfrisse.

Der Körper wirft einen Schatten auf den mit vielen Schrumpfrissen durchzogenen Untergrund

Der Seeboden zeigt mitunter erhebliche Unebenheiten mit vielen Kiesbänken.

Seegrund mit Kiesbänken

Dazu gibt es Bänke mit feinem Sand.

Sandbänke

Die Wüste lebt… aber nur an wenigen Stellen.

Eine Pflanze sprießt aus einer Bodenspalte

Hier und da zeigen sich merkwürdige Strukturen und Dolinen, unterhalb denen das Restwasser offenbar in den Untergrund abgelaufen ist.

Kleine Dolinen

Kurz vor Waltenhofen gelangt man im Forggen-Watt an einen Priel. In Wirklichkeit ist es der Lech, der hier wohl früher durch eine herrliche Wiesenlandschaft floss.

Der Lech, der durch eine Wüstenlandschaft fließt

An vielen Stellen brechen immer wieder Uferpartien ab und werden weggeschwemmt, der Fluss wird so immer breiter.

Steilufer des Lech

Man sieht viele Fußabdrücke. Z.B. die hier, die wohl von Möwen oder Enten stammen:

Abdrücke von Enten- oder Möwenfüßen

Oder die Spuren eines Rothirsches, der sich auch mal im Wattwandern versucht hat.

Rothirschspuren

Und unzählige Schuhabdrücke von Menschen, denen man nicht erklärt hat, dass sie hier praktisch auch Strandurlaub machen und die Schuhe jetzt ausziehen dürfen.

Schuhabdrücke

Barfuß geht es doch viel besser. Zumal die Untergründe so vielfältig sind.

Fußabdruck im Sand
Fußabdruck im Sand
Fußabdruck im Schlamm, Wattwandern im Forggensee
Fußabdruck im tiefen Schlamm

Auch kleine Restseen gibt es noch, vor allem da, wo im Winter häufig der wertvolle Kies ausgebaggert wird.

See mit Bergblick

Hin und wieder versperrt ein Priel, oder besser, ein Bach, den Weiterweg.

Bach mündet in den Lech

Dann muss man sich irgendwo eine flache Furt suchen, damit es weitergeht.

Furt im Bach

Der Seegrund bietet reichlich Baumaterial mit vorgefertigten Ziegeln, die hier andere Wattwanderer aufgeschichtet haben.

Bauwerk aus natürlichen Ziegeln

Etwas traurig liegt sie da, die Einfahrt zum trockengefallenen Jachthafen von Osterreinen.

Einfahrt zum Jachthafen

Allmählich verbreitert sich der Lech…

Der Lech wird zum See

…bis es schließlich nicht mehr weitergeht. Das liegt auch daran, dass hier der Untergrund sehr schlammig und tief wird.

Der Lech wird zum See

Hier drehe ich um und laufe auf einem leicht veränderten Weg wieder zurück zum Füssener Festspielhaus, von dem aus ich gestartet bin. Im Hintergrund ist es ganz rechts zu erkennen.

Autospuren im Sand, im Hintergrund das Festspielhaus

Toll und erlebnisreich war sie, diese 14 km lange Wanderung im Forggen-Watt. Eine grandiose Landschaft, die mit vielen Eindrücken für unsere baren Fußsohlen aufwartet.

Falls Du die Tour einmal nachwandern willst: starte am besten am Füssener Festspielhaus und wähle einen Tag nach einer Regenperiode. Im Regen geht es natürlich auch.

Viel Spaß dabei!

10 Gedanken zu „Barfuß Wattwandern inklusive Bergblick“

  1. Lieber Wolfgang, Dein Bericht und die Fotos über die “Mondlandschaft” im Forggensee ist, wie immer, sehr interessant. Ich bin vor über 50 Jahren in jedem Frühling, wenn der See seinen Tiefststand erreicht hatte, genau wie Du und Eva, darin herum spaziert und habe Angelhaken und an Baumwurzeln verhängte Blinker gesucht, so zum Spaß.
    Ein kleiner Fehler ist Dir unterlaufen. Bei dem trockenen Bootshafen handelt es sich um Osterreinen, nicht Osterried. Für einen Fremden mag das ja ziemlich egal sein, aber wir “Einheimische” wollen doch das Kind beim richtigen Namen nennen.
    Liebe Grüße von Deiner Nachbarin Bärbel.

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